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25.03.2021 Arbeitsrecht: Urlaubsabgeltung auch ohne Urlaubsantrag?

Das Bundesurlaubsgesetz sieht vor, dass bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses der nicht gewährte Urlaubsanspruch abgegolten werden muss. Dies geschieht grundsätzlich durch eine Zahlung, die in der Höhe in etwa dem Bruttolohn für jeden in Frage kommenden Tag entspricht.

Einige Arbeitgeber beriefen sich in der Vergangenheit jedoch darauf, dass der Arbeitnehmer zuvor keinen Antrag auf Erholungsurlaub gestellt habe und daher ein Abgeltungsanspruch auch nicht bestehe.

Zwei Arbeitnehmer klagten daraufhin aus genau diesem Grund. Sie wollten ihren zuvor nicht in Anspruch genommenen Erholungsurlaub finanziell vergütet haben. Einen entsprechenden Urlaubsantrag stellten beide während des Arbeitsverhältnisses allerdings nicht. Darauf beriefen sich die Arbeitgeber und verweigerten die Zahlung. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg und das Bundesarbeitsgericht legten den Sachverhalt daraufhin dem EuGH vor, damit dieser über die Auslegung des einschlägigen EU-Rechts (Art. 31 EU-Grundrechte-Charta, Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG) entscheidet.

Der EuGH stellte mit seinen Urteilen vom 06.11.2018 (C-619/16 und C-684/19) in der Folge klar, dass Urlaubsansprüche nicht automatisch verfallen dürfen, nur weil der Arbeitnehmer keinen Urlaubsantrag gestellt hat.  

Die Richter des EuGH führten aus, dass allein die fehlende Antragsstellung einen Verfall des Urlaubsanspruches auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht begründen könne. Denn dies widerspreche der Auslegung des einschlägigen EU-Rechts. Dabei sei ausschlaggebend, dass der Arbeitnehmer aufgrund seiner schwächeren Stellung im Arbeitsverhältnis vor der Geltendmachung des Urlaubsanspruches zurückschrecken könnte. Die tatsächliche Gewährung des Urlaubsanspruches sei nicht immer gesichert, obwohl dies nach den rechtlichen Vorgaben der Fall sein sollte. Der Arbeitgeber müsse daher nachweisen, dass der Arbeitnehmer Urlaub in Anspruch nehmen konnte und er freiwillig auf diese Inanspruchnahme verzichtet hat.

Die Entscheidung stellt vorrangig Arbeitgeber vor die Frage, mit welchen Maßnahmen sie die Vorgaben des EuGH erfüllen können, um sich nicht unnötigen Abgeltungsansprüchen auszusetzen. Die zu treffenden Maßnahmen sind dabei einzelfallabhängig und sollten individuell erörtert werden.

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Rechtsanwalt Christoph Häntzschel

Fachanwalt für Arbeitsrecht und für Verwaltungsrecht

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