Amtsgericht Hamburg: Rechtsanwaltskosten müssen dann nicht ersetzt werden, wenn die Abmahnung nicht notwendig für die weitere Rechtsverfolgung ist.
Abmahnung und Klage wegen Filesharing eines Pornofilms
Der Inhaber der Nutzungsrechte an einem Porno mit sehr aussagekräftigem Namen mahnte den Inhaber eines Internetanschlusses ab, da dieser den Pornofilm über eine Tauschbörse verbreitet haben soll. Gefordert wurde wie üblich Unterlassungserklärung, Schadensersatz und Ersatz der Anwaltskosten für die Abmahnung.
Nachdem der Anschlussinhaber weder die strafbewehrte Unterlassungserklärung unterschrieben, noch den geforderten Geldbetrag gezahlt hat, klagte der Film-Rechteinhaber auf 400 Euro Schadensersatz und die außergerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von über 900 Euro. Den Unterlassungsanspruch verfolgte er nicht weiter.
Anschlussinhaber konnte die Vermutung seiner Verantwortlichkeit nicht widerlegen
Grundsätzlich wird vermutet, dass der Anschlussinhaber auch für die Urheberrechtssverletzung über seinen Anschluss verantwortlich ist. Diese Vermutung kann der Anschlussinhaber aber widerlegen. In dem vorliegenden Fall brachte der Anschlussinhaber vor, dass auch seine Lebensgefährtin den Anschluss benutzt hat. Beide seien aber zu dem angeblichen Tatzeitpunkt nicht zu Hause gewesen, sondern zum Grillen bei Freunden.
Der Anschlussinhaber sagte im Gerichtsverfahren, es könnte sein, dass sich ein unbefugter Dritter Zugang zu dem Anschluss verschafft hat und die Rechtsverletzung begangen hat. Das Gericht hielt diese Behauptung allerdings für zu vage. Da der Anschluss durch einen individuellen Routerschlüssel geschützt war, sei nicht ersichtlich, wie ein unbefugter Dritter diesen genutzt haben soll. Das Gericht befand deshalb, dass der Anschlussinhaber auch verantwortlich für die Rechtsgutverletzung war.
Schutz von Pornofilmen über das Urheberrechtsgesetz
Über den Schutz von Pornofilmen als urheberrechtlich geschütztes Werk kann man streiten. Allerdings verweist das Amtsgericht Hamburg auf § 95 Urheberrechtsgesetz, nach dem der Film zumindest als Bildfolge geschützt ist.
Schadensersatz auf 100 Euro begrenzt
Die Richter urteilten, dass 100 Euro Schadensersatz für das Filesharing des Pornofilms angemessen sei. Dabei bezogen sie insbesondere mit ein, dass von einer Nutzungsdauer von maximal einem Tag auszugehen ist und das zugunsten des Filesharers zu berücksichtigen ist. Außerdem wurde es nicht der unbegrenzten weltweiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht, sondern nur den Nutzern des konkreten Netzwerkes. Filesharing sei auch keine gewerbliche Nutzung.
Deshalb sei hier nur ein Schadensersatz von 100 Euro und nicht, wie gefordert, von 400 Euro zu zahlen.
Keine Ersatzpflicht für die Kosten der Abmahnung durch Anwälte
Darüber hinaus wurde die Ersatzpflicht für die Abmahnkosten von dem Gericht abgelehnt. Eine Erstattung von Anwaltskosten kommt nur dann in Betracht, wenn die Abmahnung für die Rechtsverfolgung notwendig ist. In dem Rechtsstreit wollte der Hersteller des Pornofilms allerdings offensichtlich nur die Abmahnkosten gerichtlich geltend machen. Der Zweck der Abmahnung ist aber eigentlich, ein gerichtliches Verfahren zu umgehen und dem Verletzer einen kostengünstigen Weg aus dem Konflikt zu bieten. Gerade das wollte der Hersteller hier aber nach Meinung des Gerichts nicht. Daher sei die Abmahnung nicht erforderlich gewesen und der Anschlussinhaber musste die entstandenen Kosten nicht ersetzen.
Anmerkung zum Urteil
Das Urteil erging noch zur alten Rechtslage. Insbesondere galt noch der fliegende Gerichtsstand. Das Amtsgericht Hamburg war für die Klage zuständig, weil die Tauschbörse auch in Hamburg benutzt wird. Auf den Wohnsitz des Anschlussinhabers als Beklagten kam es nach alter Rechtslage nicht entscheidend an. Das ist jetzt anders: Nach der Reform des Urheberrechtsgesetzes muss vor dem Wohnsitzgericht geklagt werden. In Sachsen ist für Urheberrechtssachen bis 5000 Euro Streitwert das Amtsgericht Leipzig zuständig.
Interessant ist das Urteil für die Argumentation eines Anschlussinhabers, der die Urheberrechtsverletzung nicht selbst begangen hat. Das Gericht sagt hier konkret, was nach seiner Meinung vorzutragen sei, um die Vermutung, man sei der Täter, zu entkräften.
Fazit: Die Begrenzung des Schadensersatzes auf 100 Euro, sowie die Ablehnung des Ersatzes der Abmahnkosten könnten bewirken, dass Inhaber der Nutzungsrechte zukünftig nur dann abmahnen, wenn sie ihren Unterlassungsanspruch auch gerichtlich durchsetzen wollen. Das könnte langfristig zu einer Eindämmung der Abmahnwelle führen. Eine Folge, die zu begrüßen wäre.
Urteil des AG Hamburg vom 20.12.2013 (Az.: 36a C 134/13)
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