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Arbeitsrecht: Außerordentliche Kündigung bei vorsätzlich fehlerhafter Angabe der geleisteten Arbeitszeit

4. Januar 2012: Interessenabwägung hinsichtlich der Weiterbeschäftigung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist.

BAG, Urteil vom 09.06.2011 – 2AZR 381/10

Die vorsätzlich fehlerhafte Angabe der geleisteten Arbeitszeit ist an sich geeignet, einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung i.S.d. § 626 Abs. 1 BGB darzustellen (dazu auch BAG, 24. November 2005 – 2 AZR 39/05).

Der Entscheidung lag ein Sachverhalt zu Grunde, bei dem ein Arbeitnehmer an sieben fast aufeinander folgenden Arbeitstagen jeweils mindestens 13 Minuten, einmal 28 Minuten und insgesamt 135 Minuten vorsätzlich fehlerhaft seine Arbeitszeiten in der Zeiterfassung dokumentiert hat.

Bei einem am Gleitzeitmodell teilnehmenden Arbeitnehmer, dem die Dokumentation seiner Arbeitszeit übertragen wurde, muss der Arbeitgeber jedoch auf deren Korrektheit vertrauen können.

Füllt der Arbeitnehmer die entsprechenden Formulare vorsätzlich falsch aus oder missbraucht vorsätzlich eine Stempeluhr, so stellt dies in der Regel einen schweren Vertrauensmissbrauch dar. (dazu BAG 21.April 2005 -2 AZR 255/04).

Dabei kommt es entscheidend auf den mit der Pflichtverletzung verbundenen Vertrauensbruch an und nicht auf die strafrechtliche Würdigung (dazu BAG, 24. November 2005 – 2AZR 39/05).

Ein Vertrauensbruch liegt ebenso vor, wenn der Arbeitnehmer verpflichtet ist, die geleistete Arbeitszeit mit Hilfe des Arbeitsplatzrechners in einer elektronischen Zeiterfassung zu dokumentieren und dabei vorsätzlich falsche Angaben tätigt.

Der Arbeitnehmer verletzt dabei gegenüber dem Arbeitgeber in erheblicher Weise seine sich aus dem Arbeitsverhältnis i.V.m. § 242 BGB ergebende Pflicht zur Rücksichtnahme.

Ob dem Arbeitgeber trotz der Pflichtverletzung des Arbeitnehmers eine Weiterbeschäftigung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist, muss anhand einer umfassenden Abwägung der Interessen des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses und dem Weiterbeschäftigungsinteresse des Arbeitnehmers ermittelt werden. Zu berücksichtigen sind dabei regelmäßig das Gewicht und die Auswirkungen der Pflichtverletzung (Vertrauensverlust, Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf) (Dazu BAG, 10. Juni 2010 -2AZR 541/09; 28.Januar 2010 -2AZR 1008/08).

Einer Abmahnung als milderes Mittel zu einer außerordentlichen Kündigung, bedarf es bei Störungen im Vertrauensbereich grundsätzlich nicht.

Schlagwörter: Fristlose Kündigung, fehlerhafte Zeiterfassung, Stempeluhr, Pflichtverletzung, Vertrauensbruch, Zumutbarkeit der Weiterbeschäftigung, Abmahnung, Verschulden des Arbeitnehmers

Ansprechpartner für Fragen des Arbeitsrechts ist:

Rechtsanwalt Christoph Häntzschel

Grundmann Häntzschel Rechtsanwälte Leipzig
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