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Arbeitsrecht: Christliche Gewerkschaft zerschlagen- Lohnnachforderungen von Leiharbeitern zu erwarten

20. Januar 2011: Nach einer aktuellen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts ist die CGZP nicht tariffähig.

 

1. Zusammenfassung

Die Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) kann nicht im eigenen Namen Tarifverträge abschließen. Dies geht aus einer Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts (Nr. 93/10) hervor. Im Ergebnis dieser Entscheidung dürften hundertausende Leiharbeiter möglicherweise sogar rückwirkend höhere Löhne fordern können. Für die betroffenen Unternehmen der Zeitarbeitsbranche jedoch könnte die Entscheidung verheerende Folgen haben.

 

2. Inhalt der Entscheidung

Nach Ansicht des Gerichts erfüllt die CGZP nicht die erforderlichen tarifrechtlichen Voraussetzungen. Dazu führt das Gericht im Kern aus, dass Tarifverträge auf Arbeitnehmerseite nur von einer tariffähigen Gewerkschaft oder einem Zusammenschluss solcher Gewerkschaften (Spitzenorganisation) abgeschlossen werden können. Sofern eine Spitzenorganisation selbst als Partei Tarifverträge abschließen soll, muss das zu ihren satzungsmäßigen Aufgaben gehören (vgl. § 2 Abs. 3 Tarifvertragsgesetz, TVG). Voraussetzung dafür ist, dass die zusammenschließenden Gewerkschaft ihrerseits tariffähig sind und der Spitzenorganisation ihre Tariffähigkeit vermitteln. Dies ist jedoch nicht der Fall, wenn die Befugnis zum Abschluss von Tarifverträgen durch die Spitzenorganisation auf einen Teil des Organisationsbereichs der Mitgliedergewerkschaften beschränkt wird. Hinsichtlich der CGZP verneinte das Gericht die Tariffähigkeit. Das Gericht führt aus, dass die CGZP keine Spitzenorganisation im Sinne von § 2 Abs. 3 (TVG) ist, weil sich ihre Mitgliedsgewerkschaften (CGM, DHV und GÖD) nicht im Umfang ihrer Tariffähigkeit zusammengeschlossen haben.

 

3. Hintergrund

Der Beschluss des Bundesarbeitsgerichts betrifft ein Verfahren, welches zur Feststellung der Tariffähigkeit der im Dezember 2002 gegründeten CGZP gemeinsam von der Gewerkschaft ver.di und dem Land Berlin eingeleitet worden war. Alleinige satzungsmäßige Aufgabe der CGZP ist der Abschluss von Tarifverträgen mit Arbeitgebern, die gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung betreiben wollen. In diesem Bereich sind Tarifverträge auch für Arbeitnehmer von Bedeutung, die nicht Gewerkschaftsmitglieder sind. Nach § 9 Nr. 2 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) haben sogenannte Leiharbeitnehmer während der Zeit ihrer Überlassung an einen Entleiher Anspruch auf die dort geltenden Arbeitsbedingungen. Von diesem Gleichbehandlungsgebot kann jedoch zulasten des Leiharbeitnehmers durch einen Tarifvertrag oder aufgrund vertraglicher Bezugnahme auf einen Tarifvertrag abgewichen werden.

 

4. Auswirkungen auf die Praxis

Für die betroffenen Leiharbeiter könnte die Entscheidung des Gerichts erhebliche Nachzahlungen zur Folge haben. Grund hierfür ist das sogenannte Equal-Pay-Gebot. Danach haben Leiharbeitnehmer grundsätzlich Anspruch auf den gleichen Lohn wie die Stammbelegschaft eines Unternehmens. Diese Gleichbehandlung greift jedoch dann nicht, wenn für den Leiharbeitnehmer ein eigenständiger Tarifvertrag gilt. Ein solcher Tarifvertrag muss jedoch überhaupt wirksam sein. Wirksame Tarifverträge können jedoch nur von Gewerkschaften abgeschlossen werden, die auch tariffähig sind. Wie das Bundesarbeitsgericht nun festgestellt hat, ist genau das bei der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen nicht der Fall. Im Umkehrschluss dürften für viele Unternehmen der Zeitarbeitsbranche große wirtschaftliche Probleme ins Haus stehen.

 

Stichwörter: Tarifvertrag, Tariffähigkeit, Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen, Lohnnachforderungen, Leiharbeiter, Leiharbeitnehmer, gleicher Lohn

Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 14. Dezember 2010, Aktenzeichen 1 ABR 19/10

 

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