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Arbeitsrecht: Nachforderung Lohn durch Leiharbeitnehmer-Ausschlussfristen

11. November 2011: Ausschlussfristen in Arbeitsverträgen beim Leiharbeitsverhältnis wegen unwirksamer Tarifverträge teilweise nicht zu beachten.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.3.2011

Aktenzeichen 5 AZR 7/10

Stichwörter: Lohnnachforderung, Leiharbeitsverhältnis, Ausschlussfristen, Verjährung, unwirskame Tarifvereinbarungen,Arbeitsvertrag, CGZP, Christliche Gewerkschaften für Zeitarbeit

1.Hintergrund

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtsüber die fehlende Tariffähigkeit der Tarifgemeinschaft ChristlicherGewerkschaften für Zeitarbeit (kurz: CGZP) bedeutet für zahlreiche Leiharbeitnehmereine Chance auf Lohnnachforderungen. Denn die von der CGZP geschlossenen Tarifverträgesind infolge der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sowie nachfolgenderUrteile der Arbeitsgerichte als unwirksam zu betrachten. Viele betroffeneLeiharbeitnehmer können daher nun die Anpassung ihres Gehalts nach dem„Equal-Pay-Prinzip“ verlangen.

Wir hatten bereits zu diesem Thema in unserenArtikeln „Christliche Gewerkschaft zerschlagen- Lohnnachforderungen vonLeiharbeitern zu erwarten“ vom 20. Januar 2011 sowie „Leiharbeitstarife derTarifgemeinschaft CGZP sind unwirksam- Chance für Lohnzahlungen gestiegen“ vom21. Juni 2011 berichtet.

2.Entscheidung des Gerichts

Nun hat das Bundesarbeitgericht festgestellt,dass für Leiharbeitnehmer Ausschlussfristen des Entleiherbetriebes nichtanzuwenden sind. Denn sie gehören nicht zu den wesentlichen Arbeitsbedingungenim Sinne des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG).

Im entschiedenen Fall hatte einLeiharbeitnehmer Lohnnachforderungen geltend gemacht. Sein Arbeitsvertragenthielt keine Ausschlussfrist für Entgeltansprüche. Der Verleiher berief sichjedoch darauf, dass für die Stammbelegschaft kraft TarifvertragsAusschlussfristen geregelt sind. Diese seien auch für den Leiharbeitnehmeranzuwenden, der im Prozess die Vergütungsdifferenz eines vergleichbarenArbeitnehmers der Stammbelegschaft geltend gemacht hatte. Dabei erfolgte dieGeltendmachung durch den Leiharbeitnehmer nach Ablauf der tariflichenAusschlussfrist.

Nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichtes istder Anspruch des Leiharbeitnehmers jedoch nicht untergegangen. Denn die imEntleiherbetrieb geltenden Ausschlussfristen gehören bei unionsrechtskonformerAuslegung des AÜG nicht zu den wesentlichen Arbeitsbedingungen.

3.Auswirkungen auf Ausschlussfristen

Doch was bedeutet dies genau für Forderungen einesLeiharbeiters aus dem Arbeitsvertrag?

Eine Tarifvereinbarung regelt dasArbeitsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bezüglich Inhalt,Abschluss und Beendigung.

In einer solchen Tarifvereinbarung könnenauch Ausschlussfristen geregelt werden. Als Ausschlussfristen werden Fristenbezeichnet, nach deren Ablauf ein Recht erlischt und nicht mehr gegen denArbeitgeber geltend gemacht werden kann. Der Anspruch erlischt daher. Auch einegerichtliche Geltendmachung in Form einer Klage ist dann nicht mehr möglich.

Wenn der Arbeitgeber nun eine unwirksame Tarifvereinbarungverwendet, so sind auch die in ihr geregelten Ausschlussfristen nicht mehrgültig. Demnach kann der Anspruchsinhaber seinen Anspruch innerhalb dergesetzlich geregelten Verjährungsfrist von 3 Jahren geltend machen. EinerBeachtung der in der Tarifvereinbarung geregelten Ausschlussfrist bedarf es dannnicht mehr.

4.Eintritt der Verjährung

Die Verjährungsfrist von 3 Jahren beginnt amEnde des Jahres zu laufen, in dem der Anspruch entstanden ist. Innerhalb dieser3 Jahre hat der Arbeitnehmer die Möglichkeit, seinen Anspruch gerichtlichgeltend zu machen. Ist die Frist allerdings abgelaufen, so ist auch dieGeltendmachung bei Gericht nicht mehr möglich, wenn sich der Arbeitgeber aufdie Verjährung des Anspruchs beruft.

Doch meist werden auch dieseVerjährungsfristen bei der Anwendung einer solchen Tarifvereinbarung fürLeiharbeiter bis zum heutigen Zeitpunkt abgelaufen sein.

Dennoch besteht für die Arbeitnehmer keinGrund zur Besorgnis. Für den Beginn der Verjährungsfrist muss grundsätzlich dieKenntnis von einem solchen Anspruch vorliegen. Kenntnis dürfte jedochgrundsätzlich erst bei Feststellung der Unwirksamkeit der für das Arbeitsverhältnisangewendeten Tarifvereinbarung vorliegen. Demnach ist bei der Bestimmung der Verjährungsfristauf diesen Zeitpunkt abzustellen.

5.Verwendung von Formulierungen einer unwirksamen Tarifvereinbarung

Auch die Übernahme einer Formulierung derunwirksamen Tarifvereinbarung in den Arbeitsvertrag braucht der Arbeitnehmernicht zu fürchten.

Formulierungen im Arbeitsvertrag, die aufeiner unwirksamen Tarifvereinbarung beruhen, sind ebenfalls unwirksam. In denmeisten Fällen wird bei bestimmten Formulierungen auch auf dieTarifvereinbarung verwiesen.

Der Leiharbeiter hat in einem solchen Fallauch auf diese Weise festgesetzte Ausschlussfristen nicht zu beachten. Alleindie Verjährungsfrist von 3 Jahren ist für die Geltendmachung seines Anspruchsbei Gericht durch ihn zu beachten.

6.Praxistipp

Leiharbeitnehmer müssen Ausschlussfristen,welche auf einer unwirksamen Tarifvereinbarung beruhen, nicht beachten.

Allerdings können – unabhängig hiervon –individualvertraglich Ausschlussfristen im Arbeitsvertrag wirksam vereinbartwerden. Daher sollten Forderungen, die der Leiharbeitnehmer geltend machenwill, in jedem Fall möglichst schnell geprüft und geltend gemacht werden.

Wichtig für die Geltendmachung von Ansprüchenaus dem Leiharbeitsverhältnis ist außerdem die Verjährungsfrist. Demnach müssenetwaige Ansprüche innerhalb von 3 Jahren eingeklagtwerden.

 

Ansprechpartner für Fragen des Arbeitsrechtsist:

Rechtsanwalt Christoph Häntzschel

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