7. Januar 2011: Arbeitsrecht -Stundenlöhne von unter 1 Euro sind unangemessen und sittenwidrig und können als Straftat angesehen werden.
7. Januar 2011
Oberlandesgericht Naumburg, Beschluss vom 1. Dezember 2010
Aktenzeichen 2 Ss 141/10
Stichwörter: Arbeitsrecht, Mindestlohn, untertarifliche Bezahlung, Beitragsvorenthaltung, Sozialversicherungsbeiträge, Strafbarkeit Arbeitgeber
Die Zahlung von Stundenlöhnen von unter 1 Euro ist unangemessen und sittenwidrig. Sie kann nicht nur als Ordnungswidrigkeit sondern sogar als Straftat angesehen werden.
Dies hat das Oberlandesgericht Naumburg mit Beschluss vom 1. Dezember 2010 entschieden. Das Gericht bestätigte damit ein Urteil des Landgerichts Magdeburg. Dieses hatte den angeklagten Arbeitgeber wegen Verstößen gegen den Straftatbestand der Beitragsvorenthaltung (§ 266 a StGB) in 18 Fällen zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je 10 Euro verurteilt.
Mit dieser Entscheidung wurde in Deutschland wurde zum ersten Mal ein Unternehmer, der keinen vorgeschriebenen Mindestlohn gezahlt hat, wegen einer Straftat und nicht nur wegen einer Ordnungswidrigkeit verurteilt.
Im zugrunde liegenden Fall hatte ein Unternehmer aus Magdeburg mehr als ein Jahr Frauen aus dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion als Reinigungskräfte in westlichen Bundesländern für Toiletten und Waschräume an Autobahnraststätten, Autohöfen und einem Schnellrestaurant beschäftigt. Die Mitarbeiterinnen stellte der Unternehmer auf Minijobbasis ein. Sie mussten 14 Tage lang täglich 12 Stunden arbeiten und verdienten zwischen 60 und 170 Euro monatlich. Darüber hinaus erhielten sie freie Kost und Logis. Der Unternehmer wurde von den Raststätten für seine angebotene Tätigkeit bezahlt. Dabei flossen die Trinkgelder nicht den Putzfrauen, sondern dem Unternehmer zu.
Die Reinigungskräfte erhielten im Ergebnis Stundenlöhne von maximal ca. 1,80 Euro und minimal sogar unter 1 Euro. Der allgemein verbindliche und damit gesetzliche Mindestlohn betrug hingegen mindestens 7,68 Euro pro Stunde.
Das Landgericht Magdeburg hatte in seinem Urteil festgestellt, dass der Angeklagte die Beiträge zur Sozialversicherung (Kranken-, Renten-, Arbeitslosenversicherung) für die Reinigungskräfte nur aus dem geringeren tatsächlich gezahlten Lohn und nicht aus dem Mindestlohn bezahlt hatte. Deshalb sah es den Tatbestand des § 266 a Strafgesetzbuch, StGB (Vorenthalten und Veruntreuung von Arbeitsentgelt) als erfüllt an. Im konkreten Fall war den Sozialkassen hierdurch ein Schaden von insgesamt rund 69.000 Euro entstanden.
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