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Doch kein Schadensersatz für Verdienstausfall für fehlenden Kita-Platz

Urteil des Landgerichts Leipzig: Schadensersatz für Verdienstausfall wegen fehlendem Betreuungsplatz

In drei Fällen haben Mütter kleiner Kinder die Stadt Leipzig vor dem Landgericht Leipzig verklagt, weil die Stadt keine Betreuungsplätze in einer Tageseinrichtung zur Verfügung stellte.

Eingeklagt wurde der Verdienstausfall als Schadensersatzanspruch, weil die Mütter wegen der fehlenden Betreuungsplätze ihre Arbeit nicht wieder aufnehmen konnten.

Landgericht Leipzig sieht Amtspflichtverletzung

Das Landgericht Leipzig hat die Fälle, weil es ja ums Gleiche ging, offenbar gebündelt.

In den Prozessen fand am 24. November 2014 die mündliche Verhandlung statt. In der mündlichen Verhandlung hatte das Landgericht dem Anwalt der Stadt Leipzig Hinweise zu seiner Rechtssicht und die Möglichkeit, dazu noch schriftlich vorzutragen, gegeben.

Jetzt wurden am 2. Februar 2015 die Urteile verkündet.
Die Mütter haben die Verfahren gewonnen und den eingeklagten Verdienstausfall vom Landgericht zugesprochen bekommen.

Anspruchsgrundlage für den Betreuungsplatz ist § 24 Abs. 2 SGB VIII (Achtes Buch Sozialgesetzbuch – Kinder und Jugendhilfe -). Die für Eltern günstige Regelung wurde durch das Kinderförderungsgesetz aus dem Jahr 2008 beschlossen und ist am 1. August 2013 in Kraft getreten.

Danach hat ein Kind im Alter zwischen einem und drei Jahren Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in der Kindertagespflege. Den Platz muss die Stadt als Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur Verfügung stellen oder organisieren. Nach Ansicht des Landgerichts Leipzig können sich aber auch die Eltern auf diese Vorschrift berufen und Verdienstausfall geltend machen.

Das Landgericht bejahte die Verletzung einer Amtspflicht und auch ein Verschulden durch die Stadt Leipzig. Zwar erkennt das Landgericht Leipzig an, dass die Stadt einen Bedarfsplan und ein umfangreiches Kindergartenbauprogramm gestartet hat. Aber den Umstand, dass die Freien Träger und privaten Investoren ihre Betreuungsplätze nicht rechtzeitig zur Verfügung stellen konnten, hätte die Stadt durch Vorsorge für einen unvorhersehbaren Bedarf berücksichtigen müssen.

Das Gericht nahm offenbar auch zur so genannten Schadensminderungspflicht der Mütter Stellung. Die Mütter hatten in Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht die Zurverfügungstellen eines Betreuungsplatzes beantragt. Damit haben sie aus Sicht des Landgerichts Leipzig das Notwendige getan, um doch noch einen Betreuungsplatz zu bekommen und den Verdienstausfall möglichst zu vermeiden.

Landgericht Leipzig, Urteile vom 2. Februar 2015, Aktenzeichen 7 O 1455/14, 7 O 1928/14, 7 O 2439/14

Quelle: Pressemitteilungen des Landgerichts Leipzig vom 6.1.2015 und 2.2.2015

Aktualisierung 26. August 2015: Klage in Berufung abgewiesen

Das OLG Dresden hat die Klage der drei Mütter in der Berufungsinstanz abgewiesen.

Das OLG Dresden sah ebenfalls eine Amtspflichtverletzung der Stadt Leipzig, aber dafür bekommen die Eltern keinen Schadensersatz.
Argument des Gerichts: Nicht die Eltern und deren Wunsch nach Berufstätigkeit seien vom Gesetz geschützt, sondern nur die Kinder und ihr Anspruch auf frühkindliche Förderung.

Gegen das Urteil kann – wie den Meldungen zum Urteil entnommen werden kann –  Revision beim Bundesgerichtshof eingelegt werden.

 

Fazit: Auch wenn die Stadt Leipzig keinen Schadenersatz zahlen muss, den am Ende der Steuerzahler hätte tragen müssen, sind die Urteile als Signal zu begrüßen.
Wenn Leipzig eine familienfreundliche Stadt sein soll, muss sie auch etwas dafür tun. Zwar sind zahlreiche Bauprogramme angelaufen, für viele Kinder und deren Eltern kommen diese aber zu spät. Dies betrifft nicht nur Kindergartenplätze, sondern auch wohnortnahe Plätze in Schulen. Bei den beliebten Gymnasien, gibt es deutliche „Überbuchung“. Der Umstand, dass ein Gymnasiums-Platz erst ab dem zehnten, elften Lebensjahr eines Kindes gebraucht wird, macht es noch unverständlicher als beim fehlenden Kindergartenplatz, warum die Stadt Leipzig so spät aufgewacht ist und vom Kindersegen so überrascht ist.

Der gesparte Schadensersatz wird hoffentlich in den Topf gesteckt, aus dem die Verbesserung der Infrastruktur für die Kinder bezahlt wird.

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