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21.12.2015 Kündigung Arbeitsverhältnis wegen Krankheit oder Behinderung

Die Kündigung wegen einer symptomlosen HIV-Infektion ist eine unzulässige Diskriminierung und verstößt damit gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG)

Was war passiert?

Bei einem chemisch-technischen Assistenten wurde wenige Tage nach seiner Einstellung das HIV-Virus vom Betriebsarzt diagnostiziert. Nach der Entbindung von der Schweigepflicht, berichtete der Arzt dem Arbeitgeber von der Krankheit. Daraufhin wurde der Arbeitnehmer gekündigt. Das Unternehmen befürchtete, dass sich der Arbeitnehmer verletzen könnte, da er mit gefährlichen Gegenständen wie beispielsweise Glas arbeitete.

Der Arbeitnehmer wehrte sich gegen die Kündigung und klagte, weil er sich durch die Kündigung diskriminiert fühle. Die HIV-Infizierung sei eine Behinderung und eine Kündigung daher nicht mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz vereinbar. Deshalb wollte er eine Entschädigung.

BAG: HIV-Infizierung mit Behinderung gleichzusetzen

Das Bundesarbeitsgericht BAG, Urteil vom 19.12.2013 (6 AZR 190/12) entschied, dass eine Infizierung mit dem HIV-Virus nach den Gleichbehandlungsgrundsätzen mit einer Behinderung gleichzusetzen sei.

Damit haben die Betroffenen einen Anspruch auf einen besonderen Diskriminierungsschutz. Eine Kündigung, die nur auf Grund einer symptomlosen Infektion ausgesprochen wird, ist eine unmittelbare Benachteiligung und damit unwirksam.

Dies hatte die Vorinstanz noch anders gesehen (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13.01.2012 – 6 Sa 2159/11). Sie hatte eine wirksame Kündigung angenommen während der Probezeit angenommen und eine ungerechtfertigte Benachteiligung wegen Behinderung verneint.

Ausblick

Die Richter des Bundesarbeitsgerichts wiesen den Fall an die vorhergehende Instanz zurück. Diese hat zu beurteilen, ob eine Kündigung auf Grund der hohen Gefahren im Betrieb ausnahmsweise zulässig war.

Die Richter wiesen allerdings daraufhin, dass eine Kündigung insbesondere dann nicht gerechtfertigt war, wenn der Arbeitgeber besondere Schutzvorrichtungen für den erkranken Arbeitnehmer hätte treffen können. Eine Kündigung, die sich alleine auf die Behinderung stütze sei jedenfalls unwirksam. Insoweit bleibt die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts abzuwarten.

Insgesamt ist das Urteil des Bundesarbeitsgerichts zu begrüßen. Eine symptomlose Erkrankung kann kein ausreichender Rechtfertigungsgrund für eine Kündigung sein, solange der Arbeitnehmer seiner Arbeit ohne Einschränkungen nachgehen kann. Dies haben die Richter in ihrem Urteil nun eindeutig festgelegt.

Praxistipp:

Eine Kündigung während der Probezeit ist grundsätzlich ohne Grund möglich. Dabei kann die Kündigung auch noch am letzten Tag der Kündigung erfolgen. Unbeachtlich ist, dass in diesem Fall die eigentliche Kündigungsfrist nach der Probezeit endet. Unwirksam kann allerdings eine Kündigung in der Probezeit dann sein, wenn sie gegen Treu und Glauben verstößt.

Chronische Infektionskrankheiten wie eine HIV-Infektion sind nach Auffassung des BAG wie eine Behinderung anzusehen. Das bedeutet, dass eine auf die Erkrankung gestützte Kündigung eine Ungleichbehandlung darstellen kann. Daraus können Entschädigungsansprüche nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) folgen.

Bei der Geltendmachung dieser Ansprüche sind kurze Fristen zu beachten. Im Hinblick darauf und die 3-Wochen Frist zum Einreichen einer Kündigungsschutzklage sollte frühzeitig nach Erhalt der Kündigung anwaltlicher Rat eingeholt werden.

 

Ihr Fachanwalt für Arbeitsrecht:

Rechtsanwalt Christoph Häntzschel

Telefon: 0341/2 15 39 46

 

Stichworte: Arbeitsrecht, Kündigungsschutzgesetz (§§ 1, 15 KSchG), Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, Diskriminierung wegen Behinderung, krankheitsbedingte Kündigung, Probezeit

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