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24.05.2018: Maßregelungsverbot des Arbeitgebers – Was muss ich mir gefallen lassen?

Sitzt der Arbeitnehmer immer am kürzeren Hebel? Nein!

Oft fühlen sich Arbeitnehmer ohnmächtig in ihrer vermeintlich schlechteren Position gegenüber Arbeitgebern. Dabei ist das gar nicht zwangsläufig der Fall. Arbeitnehmer müssen sich nicht jede Schikane des Arbeitgebers gefallen lassen. Der Gesetzgeber hat dies durch ein Maßregelungsverbot im § 612a BGB geregelt:

 „Der Arbeitgeber darf einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Recht ausübt.“

Nimmt der Arbeitnehmer lediglich die ihm zustehenden Rechte wahr (zulässige Rechtsausübung), dann verbietet das Gesetz dem Arbeitgeber, den Arbeitnehmer deswegen zu benachteiligen.

Eine benachteiligende Maßnahme ist die Schlechterstellung des Arbeitnehmers oder das Vorenthalten von Vorteilen, so z.B. die Kündigung des Arbeitsverhältnisses oder die Nichtgewährung einer Prämie für streikende Arbeitnehmer.

Zwischen der Benachteiligung und der Rechtsausübung muss ein unmittelbarer Zusammenhang bestehen. Die zulässige Rechtsausübung muss der tragende Beweggrund, d.h. das wesentliche Motiv für die benachteiligende Maßnahme sein.

Den Beweis, dass es sich für den Arbeitnehmer um eine Benachteiligung handelt, muss grundsätzlich der Arbeitnehmer führen.

Der Beweis wird ihm jedoch wesentlich erleichtert, wenn ein offensichtlicher Zusammenhang zwischen der benachteiligenden Maßnahme und der zulässigen Rechtsausübung besteht. Dies gilt insbesondere bei einem engen zeitlichen Zusammenhang zwischen der Wahrnehmung seiner Rechte und der benachteiligenden Maßnahme (Anscheinsbeweis). Ein sogenannter prima-facie-Beweis liegt dann vor, wenn aufgrund eines typischen Geschehensablaufs bei bestimmten Tatsachen eine Schlussfolgerung auf andere Tatsachen gezogen werden kann.

 Beispiel:

Eine Kündigungsschutzklage kann von dem Arbeitnehmer auch eingereicht werden, wenn das Kündigungsschutzgesetz eigentlich nicht anwendbar ist. Denn auch ein Verstoß gegen § 612a BGB macht den Weg für eine Kündigungsschutzklage frei.

Der Arbeitnehmer muss hier darlegen und beweisen, dass die Kündigung auf einem Verstoß gegen das Maßregelungsverbot beruht, d. h. dass die Kündigung Folge der Wahrnehmung seiner ihm zustehenden Rechte ist. Wird der Arbeitnehmer daher gekündigt, weil er beispielsweise aufgrund der Erkrankung seines Kindes der Arbeit fern bleibt, stellt dies einen Verstoß gegen das Maßregelungsverbot gem. § 612a BGB dar. Erfolgt die Kündigung unmittelbar nach der Krankmeldung, kann dann auch von einem Anscheinsbeweis zugunsten des Arbeitnehmers gesprochen werden. Dann muss der Arbeitgeber beweisen, dass die Kündigung nicht aus diesem Grund erklärt worden ist.

 

Bei Fragen rund um den Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis berät Sie:

Christoph Häntzschel

Fachanwalt für Arbeitsrecht, Mediator

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