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08.07.2020 Entgeltfortzahlung bei Zweiterkrankung: Einheit des Verhinderungsfalls

(BAG, Urteil vom 11.12.2019, 5 AZR 505/18)

In seinem aktuellen Urteil vom 11.12.2019 stellt das Bundesarbeitsgericht (BAG) klar, dass der gesetzliche Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall auch dann auf die Dauer von sechs Wochen beschränkt ist, wenn während der bestehenden Arbeitsunfähigkeit eine neue Krankheit auftritt, die gleichfalls zur Arbeitsunfähigkeit führt.

Einheit des Verhinderungsfalls

Es gilt der Grundsatz der „Einheit des Verhinderungsfalls“. Danach ist von einem einheitlichen Verhinderungsfall auszugehen, wenn während der Arbeitsunfähigkeit wegen einer Erkrankung eine weitere andere Erkrankung hinzukommt. Ein neuer Anspruch auf Entgeltfortzahlung entsteht dann nicht. Dies gilt auch nach Ablauf der sechs Wochen, soweit die Arbeitsunfähigkeit aufgrund der Ersterkrankung andauert.

Darlegungs- und Beweislast des Arbeitnehmers

Ein neuer Entgeltfortzahlungsanspruch entsteht nur, wenn die erste krankheitsbedingte Arbeitsverhinderung bereits zu dem Zeitpunkt beendet war, zu dem die weitere Erkrankung zur Arbeitsunfähigkeit führte. Die Darlegungs- und Beweislast dafür trägt der Arbeitnehmer.

Der Entscheidung des BAG lag folgender Sachverhalt zu Grunde:

Die Klägerin war bei der Beklagten als Fachkraft in der Altenpflege beschäftigt. Sie war infolge eines psychischen Leidens arbeitsunfähig. Die Beklagte leistete für die Dauer von sechs Wochen Entgeltfortzahlung. Im Anschluss bezog die Klägerin aufgrund von Folgebescheinigungen ihrer Hausärztin, die eine andauernde Arbeitsunfähigkeit bis einschließlich 18.05.2017 attestierten, Krankengeld. Wegen einer schon länger geplanten Operation stellte die Gynäkologin der Klägerin am 18.05.2019 eine „Erstbescheinigung“ aus und attestierte ihre Arbeitsunfähigkeit vom 19.05.2019 bis 16.06.2017 infolge eines gynäkologischen Leidens. Diese wurde durch Folgebescheinigung bis zum 30.06.2017 verlängert. In dieser Zeit erhielt die Klägerin weder Entgeltfortzahlung noch Krankengeld.

Klage auf Entgeltfortzahlung

Mit ihrer Klage begehrte die Klägerin von der Beklagten Entgeltfortzahlung für ihre Zweiterkrankung. Nachdem das Arbeitsgericht der Klage zunächst stattgab, wies das Landesarbeitsgericht die Klage nach einer umfangreichen Beweisaufnahme durch Vernehmung dreier Ärzte ab.

Entscheidung das BAG

Auch das BAG verneinte einen Entgeltfortzahlungsanspruch der Klägerin für ihre Zweiterkrankung. Wenn der Arbeitnehmer krankheitsbedingt arbeitsunfähig ist und sich in engem zeitlichen Zusammenhang eine im Wege der Erstbescheinigung attestierte weitere Arbeitsunfähigkeit anschließt, trägt der Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die vorangegangene Arbeitsunfähigkeit im Zeitpunkt des Eintritts der neuen Erkrankung beendet war, so das BAG. Dies war der Klägerin nicht gelungen.

Sollten Sie Fragen zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall haben, können Sie gern telefonisch einen Termin mit uns vereinbaren.

Ihr Ansprechpartner bei Fragen des Arbeitsrechts:

Rechtsanwalt Christoph Häntzschel

Fachanwalt für Arbeitsrecht und Fachanwalt für Verwaltungsrecht

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