Rechtsblog

Amtsgericht Köln: Für Lied in Tauschbörse nur 10 Euro Schadensersatz

Abmahnung nach Filesharing eines Musikalbums

Ein Anschlussinhaber erhielt 2011 eine Abmahnung mit dem Vorwurf, ein Musikalbum mit insgesamt 13 Musik-Titeln über ein Filesharing-Netzwerk (Tauschbörse) verbreitet zu haben.
In der Abmahnung forderten die Rechtsanwälte der Rechteinhaberin („eine der führenden deutschen Tonträgerherstellerin“) Unterlassung und machten Abmahnkosten und Schadensersatz geltend.
Offenbar wurde vom Abgemahnten eine Unterlassungserklärung abgegeben, aber nichts gezahlt.
Daraufhin wurde der Anschlussinhaber verklagt.

Klage wegen Schadensersatz und Anwaltskosten vor dem Amtsgericht

In der Klage vor dem Amtsgericht Köln wurden nur Zahlungsforderungen – Abmahnkosten in Höhe von 1.379,80 € aus einem Gegenstandswert von 50.000 EUR und Schadensersatz in Höhe von insgesamt 2.500,00 € geltend gemacht.
Zur mündlichen Verhandlung erschien der Anschlussinhaber bzw. sein Rechtsanwalt aufgrund eines Versehens nicht. Trotzdem ging der Streit im Wesentlichen zu seinen Gunsten aus:
Das Amtsgericht ging in seinem Versäumnisurteil zwar davon aus, dass der Anschlussinhaber für die Urheberrechtsverletzung verantwortlich ist, er also der Täter ist. Damit muss er im Grunde auch Schadensersatz und Abmahnkosten zahlen. Das Gericht setzte aber die verlangten Beträge dafür deutlich runter. Anstatt der geforderten knapp 3.900 € erhält das Musikunternehmen nur 260 Euro für die Filesharing-Nutzung.

Amtsgericht Köln findet klare Worte zu Schadensersatz bei Filesharing

Als Schadensersatz für die Tauschbörsennutzung hielt das Gericht – abweichend von vielen anderen Gerichten – nur einen Betrag von 10 € je Musiktitel für angemessen. Dieser Betrag sei die angemessene Vergütung für eine solche Tauschbörsennutzung.
Die Teilnehmer in einem Filesharing-Netzwerk agieren eben nur in einem abgegrenzten Netzwerk Die Tauschbörsennutzer, die eine Datei herunterladen, bieten sie auch wieder im Tauschbörsennetzwerk an. Die Gruppe der Urhebeberrechtsverletzer und der Nutzer (bzw. Empfänger) ist weitestgehend identisch. Die getauschte Datei wird damit einem wesentlich kleineren Kreis zur Verfügung gestellt, als dies bei anderen Urheberrechtsverletzungen der Fall ist.
Zudem würden vom einzelnen Nutzer immer nur einzelne Teile der Datei weitergegeben, der Beitrag eines einzelnen Nutzers zur gesamten neuen Urheberrechtsverletzung ist gering. Auch wenn der einzelne Nutzer sich nicht illegal verhalten würde und sich nicht an der Verbreitung der urheberrechtlichen geschützten Werke beteiligen würde, würden die Dateiteile – zumindest bei einem populären Werk – von einem anderen Nutzer bereitgestellt.
Außerdem sagt das Gericht, dass Nutzer von Tauschbörsen meist nicht bewusst ist, dass mit dem Download gleichzeitig automatisch ein Upload erfolgt.
Wegen dieser Besonderheiten der Urheberrechtsverletzungen durch Filesharing hält das Gericht Schadensersatz von mehreren hundert Euro für einen Musiktitel für “völlig übersetzt”.

Kosten der Abmahnung auch für Altfall nur aus 1000 Euro Gebührenwert

Das Gericht reduzierte auch die eingeklagten Abmahnkosten deutlich.
Statt der geforderten Anwaltskosten von 1.379,80 € hält das Gericht  nur 130,50 € für gerechtfertigt.
Obwohl es sich um eine Urheberrechtsverletzung handelt, die nach der alten Rechtslage vor dem Oktober 2013 beurteilt wird, hat das Gericht die neue Begrenzung des Gegenstandswertes angewandt.
Hier macht das Gericht von seiner Befugnis, des Gegenstandswert festzulegen Gebrauch und wendet de facto das neue Recht doch an. Begründet wird dies sehr klar und deutlich so:
„In den Augen der interessierten Öffentlichkeit hat sich ein „Abmahnungswesen“ bzw. eine „Abmahnindustrie“ etabliert. Dem ist nicht gegen den erkennbaren Willen des Gesetzgebers durch die Zubilligung überhöhter Streitwerte Vorschub zu leisten. Insoweit darf auf die oben zitierten Worte der Bundesregierung und die Stellungnahme des Bundesrates vom 3. Mai 2013 verwiesen werden, nach der die herrschende Abmahnpraxis in der Öffentlichkeit als „Abzocke“ wahrgenommen und das Institut der Abmahnung in Misskredit gebracht wird.“
Gegen das Urteil ist die Berufung möglich. Angesichts des aus Sicht der Abmahner völlig katastrophalen Ergebnisses wird es hier wohl eine Berufung geben.
Amtsgericht Köln Urteil  vom 10.03.14, Aktenzeichen: 125 C 495/13
§§ 97, 97a Urheberechtsgesetz (UrhG)
Das Urteil wird in der offiziellen Datenbank unter den Schlagworten „Begrenzung von Lizenzschäden und Abmahnkosten in Filesharingfällen“ geführt.

 

Rechtstipps und Urteile