18. April 2012: Unternehmerentscheidung kann missbräuchlich sein – Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht
LAGBerlin-Brandenburg, Urteil vom 25.11.2010- 2 Sa 707/10
Arbeitgeber darf bei Wegfall eines Arbeitsplatzes grundsätzlich kündigen
Einebetriebsbedingte Kündigung kann sozial gerechtfertigt sein, wenn für denArbeitgeber das Bedürfnis zur Beschäftigung eines Arbeitnehmers weggefallen ist.Dies kann sich durch innerbetriebliche und außerbetriebliche Umstände ergeben.
Hatsich der Arbeitgeber entschlossen, künftig seinen Betrieb anders zuorganisieren, stellt dies eine innerbetriebliche Ursache für den Wegfall desBeschäftigungsbedürfnisses dar. Diese Entscheidung gehört zur unternehmerischen Entscheidungsfreiheit des Arbeitgebers und wird von denArbeitsgerichten nicht darauf überprüft, ob sie sinnvoll oder zweckmäßig ist.
Grenzen der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit – Missbrauch bei Kündigung
DerArbeitgeber darf seine unternehmerische Freiheit jedoch nicht dazumissbrauchen, unliebsamen Arbeitnehmern betriebsbedingt zu kündigen. Daherunterziehen die Arbeitsgerichte die unternehmerische Entscheidung einer„Missbrauchskontrolle“: Ist die Entscheidung offensichtlich unsachlich oderwillkürlich ist die betriebsbedingte Kündigung unwirksam.
DasLandesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg entschied, dass eineUnternehmerentscheidung dann missbräuchlich sein kann, wenn es ihr alleinigesZiel ist, einen bestimmten Arbeitsplatz wegfallen zu lassen und den Inhaber diesesArbeitsplatzes betriebsbedingt zu kündigen, ohne dass damit ein anderweitigerwirtschaftlicher Zweck verbunden ist.
AusSicht des Gerichts greift die Vermutung, die Unternehmerentscheidung sei aussachlichen Gründen erfolgt, wenn die Organisationsentscheidung des Arbeitgebersund seine Kündigung praktisch deckungsgleich sind, nicht in jedem Fall vonvornherein greifen. Vielmehr muss der Arbeitgeber in diesen Fällen konkreteAngaben machen, wie sich die Organisationsentscheidung auf dieEinsatzmöglichkeit des Arbeitnehmers auswirkt und in welchem Umfang dadurch einkonkreter Änderungsbedarf besteht.
Praxistipp:
Wann darf der Arbeitgeber kündigen?
AusSicht des Arbeitgebers können Stellen aufgrund von organisatorischen Maßnahmenim Unternehmen natürlich wegfallen, so dass eine Kündigung ausbetriebsbedingten Gründen gerechtfertigt sein kann. Unzulässig ist es jedoch,eine Umorganisation nur deshalb vorzunehmen, um einen Arbeitsplatz bzw. einenArbeitnehmer „los zu werden“.
Was kann der Arbeitnehmer gegen die Kündigung unternehmen?
Fürden Arbeitnehmer, der eine entsprechende betriebsbedingte Kündigung erhältbedeutet das, dass er im Rahmen einer Kündigungsschutzklage vor demArbeitsgericht gute Chancen hat, die Unwirksamkeit der Kündigung feststellen zulassen. Tut er das, hat der Arbeitgeber zusätzlich das Risiko, ab der Beendigungdes Arbeitsverhältnisses (laut der unwirksamen Kündigung) die Vergütung desArbeitgebers nach § 611 BGB als Annahmeverzugslohn weiterbezahlen zu müssen.Diesen Anspruch kann der Arbeitnehmer – unabhängig von seiner Klage gegen dieKündigung – vor dem Arbeitsgericht grundsätzlich geltend machen.
Schlagworte: betriebsbedingte Kündigung, unternehmerische Entscheidung, Wegfall Arbeitsplatz, Kündigungsschutzklage, Vergütung bei Kündigung
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