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Urheberrecht, Strafrecht Programmierer von Kino.to zu Freiheitsstrafe verurteilt

12. April 2012: Das Landgericht Leipzig hat den Programmierer des illegalen Streamingportals Kino.to zu 3 Jahren und 10 Monaten verurteilt.

Die Leipziger Richter halten den Chefprogrammierer des Portals wegen unerlaubten Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke in mehr als 1,1 Millionen Fällen für schuldig.

Landgericht Leipzig, Urteil vom 11.04.2012

Der Verurteilte hatte die technische Infrastruktur von Kino.to programmiert

Bei dem Angeklagten handelte es sich um den Chefprogrammierer des Streamingportals Kino.to. Nutzer dieses Portals konnten bis zu seiner Abschaltung im Juni 2011 über 135.000 Filme und TV-Serien kostenlos und ohne Registrierung im Wege des Streaming online ansehen. Damit unterschied sich das Angebot von Kino.to vom Filesharing. Bei Filesharing (auch als „Internettauschbörsen“ bezeichnet) muss der Nutzer die Filme erst herunterladen, um sich diese ansehen zu können. Anders verhält es sich beim Streaming. Beim Streaming werden die Daten vom Server auf den Kunden übertragen und während der Übertragung bereits wiedergegeben (On-Demnad-Streaming). Eine Sonderform stellt dabei das Live-Streaming dar, bei dem die Daten in Echtzeit wiedergegeben werden.

Die Nutzung des Streams von Kino.to war für die Kunden kostenlos. Die Finanzierung des Streamingportals erfolgte ausschließlich über Werbung. So ließen sich sehr hohe Gewinne für die Betreiber des Portals erzielen.

Die Staatsanwaltschaft sieht in dem Angebot von Kino.to eine gewerbsmäßige unerlaubte Verwertung von urheberrechtlich geschützten Werken. Aus diesem Grund nahm sie den angeklagten Programmierer in Untersuchungshaft. Dieser hatte bereits zum Prozessbeginn ein umfassendes Geständnis abgelegt. Dabei räumte er ein, die Seite Kino.to programmiert zu haben. Er ging dabei – nach eigenen Angaben – davon aus, dass er sich in einer Grauzone befand und seine Handlung nicht strafbar sei.

Landgericht Leipzig spricht Programmierer schuldig der Urheberrechtsverletzung

Das Landgericht Leipzig hat den Programmierer wegen der massenhaften Urheberrechtsverletzung schuldig gesprochen. Das Gericht verurteilte ihn zu 3 Jahren und 10 Monaten Haft. Damit folgen die Richter des Landgerichts den Ausführungen des Amtsgerichts Leipzig, das bereits im Dezember mehrere Mittäter wegen der massenhaften Urheberrechtsverletzung für schuldig gesprochen hat (https://www.hgra.de/aktuell/urteile/urheberstrafrecht-amtsgericht-leipzig-streaming-urheberrechtlicher-inhalte.html).

Die Richter des Leipziger Landgerichts sind ebenfalls der Meinung, dass eine strafbare Handlung nach § 106 UrhG vorliegt. Danach ist es strafbar, ohne Einwilligung des Rechteinhabers ein urheberrechtlich geschütztes Werk zu vervielfältigen, verbreiten oder öffentlich zugänglich zu machen, also ins Internet zu stellen. Durch die Internetseite Kino.to wurden über 135.000 urheberrechtlich geschützte Filme und TV-Serien öffentlich zugänglich gemacht. Als Chefprogrammierer von Kino.to hat der 29-jährige Angeklagte die öffentliche Zugänglichmachung der geschützten Werke mitverursacht. Daher war er nach § 106 UrhG zu verurteilen. Darüber hinaus erfolgten die Handlungen auch gewerbsmäßig nach § 108a UrhG, was zu einer Erhöhung des Strafrahmens und damit im Ergebnis der Strafe führte.

Die Annahme einer Grauzone im Urheberrecht schützt nicht vor Strafe

Bei der Höhe des Strafmaßes berücksichtigte das Gericht zwar das umfassende Geständnis des Programmierers und seine Bereitschaft zur weiteren Mitarbeit. Jedoch könne sich der Programmierer nicht in eine Grauzone zurückziehen, sondern muss für die Urheberrechtsverletzungen geradestehen, so das Gericht. Er hat für das Funktionieren von Kino.to gesorgt. Auch war er – nach dem Gründer des Portals – der höchstbezahlte Mitarbeiter.

Trotzdem kommt dem Programmierer sein Geständnis positiv zugute. Das Gericht ordnete den offenen Vollzug an, so dass der Programmierer bis zum Haftantritt wieder auf freien Fuß kommt. Das Urteil ist bereits rechtskräftig. Sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Nebenklage und die Verteidigung  haben auf Rechtsmittel verzichteten.

Anmerkung: Die Entscheidung des Landgerichts Leipzig setzt die bisherige Rechtsprechung des Amtsgericht Leipzig gegen die Verantwortlichen des Streamingportals Kino.to fort. Bemerkenswert an der Entscheidung ist jedoch die Aussage des Vorsitzenden der Strafkammer, dass die Fehlvorstellung des Programmierers von der Strafbarkeit seiner Handlung keine Rolle für eine Verurteilung spielt. Ob das Gericht die Rechtfertigung des Programmierers von Kino.to nur für eine Schutzbehauptung hält oder dem Irrtum des Programmierers wenig Bedeutung beimisst, lässt sich nur aus dem vollständigen Urteil entnehmen. Es bleibt also spannend, was die Leipziger Richter in ihrer Urteilsbegründung dazu ausführen. Bisher wurde das Urteil noch nicht veröffentlicht.

Ob das Landgericht Leipzig zur „Nebenaussage“ des Amtsgericht Leipzig, dass eine – sehr umstrittene – Strafbarkeit der Nutzer des Streaming-Angebots bejahte, machte, ist ebenfalls noch nicht bekannt.

Betroffene Gesetze: § 19a UrhG, § 106 UrhG, § 108a UrhG

Schlagworte: rechtliche Grauzone, Kino.to, öffentlich Zugänglichmachen, Programmierer, Strafbarkeit, Streaming, Urheberrechtsverletzung

 

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Rechtsanwalt Alexander Grundmann, LL.M.,

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