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Grundstücksrecht: Unterlassungsansprüche bei Behinderung einer Grundstückseinfahrt

5. März 2012: Grundstückseigentümer kann Unterlassen Zuparken von Nachbarn verlangen.

 

BGH,Urteil vom 1. Juli 2011 – V ZR 154/10

Behindern Nachbarn die Zufahrt zumGrundstück, kann der Eigentümer Unterlassung verlangen. Es besteht jedochgrundsätzlich eine Pflicht des Eigentümers, nicht wesentliche und kurzfristigeBeeinträchtigungen aufgrund nachbarlicher Rücksichtnahme zu dulden.

 

1. Zusammenfassung

Nach einer Entscheidung desBundesgerichtshofes (AZ.: V ZR 154/10) kann der Eigentümer eines Grundstückes grundsätzlichvon demjenigen, der die Einfahrt seines Grundstückes blockiert, verlangen sichzu entfernen.

Sofern weitere Beeinträchtigungen dieserArt  zu befürchten sind, kann derGrundstückseigentümer auch Unterlassung vom Nachbarn verlangen. WeitereBeeinträchtigungen sind auch schon zu befürchten, wenn es in der Vergangenheitzu Zugangsbeeinträchtigungen gekommen war, welche der Eigentümer auch unterBerücksichtigung der sich aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisergebenden Rücksichtnahmepflicht nicht hätte hinnehmen müssen.

Eine Eigentumsbeeinträchtigung darf hierbeijedoch nicht mit der Begründung verneint werden, es sei nicht vorgetragenworden, dass die Beeinträchtigung länger als drei Minuten gedauert habe, da derRückgriff auf die Definition des Parkens nach § 12 Abs.2 StVO verfehlt ist.Auch die weniger als drei Minuten dauernde Blockade kann eine rechtwidrige Beeinträchtigungdes Eigentums darstellen.

 

2.Sachverhalt

Die Klägerin ist Eigentümerin einesGrundstückes; die Beklagten bewohnen als Mieter ein Haus auf dem benachbartenGrundstück. Das Grundstück der Klägerin ist mit dem öffentlichen Straßenraumdurch einen an dem Grundstück der Beklagten vorbeiführenden öffentlichenStichweg verbunden. Der Eingang des von den Beklagten bewohnten Hause befindetsich an der Seite des Stichweges, während die Garagen mit einer an der anderenSeite des Grundstücks vorbeiführenden öffentlichen Straße verbunden sind.

Die Beklagten stellten zum Be- und Entladenzeitweise Fahrzeuge auf dem Stichweg ab. Die Klägerin behauptete daraufhin,dass es in der Vergangenheit zu zahlreichen Behinderungen der Zufahrt zu ihremGrundstück gekommen sei und hatte daher beantragt, die Beklagten zuverurteilen, es zu unterlassen, den Zugang oder die Zufahrt zu ihrem Grundstückdurch verkehrswidriges Parken (Verlassen des Fahrzeugs oder längeres Halten als3 Minuten) zu behindern oder durch Fahrzeuge Dritter behindern zu lassen.

In den vorangegangenen Instanzen blieb dieKlage ohne Erfolg.

 

3.Entscheidung der Vorinstanzen

In den vorangegangenen Entscheidungen wurde derKlägerin kein Anspruch auf Unterlassung zugestanden, ein Fahrzeug auf dem Stichwegunter Verstoß gegen das Parkverbot vor Grundstückseinfahrten abzustellen. DieVorschrift des § 12 Abs.2 StVO gelte nicht im Privatrecht, da es demGrundstückseigentümer egal sein könne, wie lang ein Fahrzeug vor seinemGrundstück stehe, solange nur sein Grundstück jederzeit verlassen oder betretenwerden könne.

Kleinere Beeinträchtigungen habe derEigentümer aber aufgrund nachbarschaftlicher Rücksichtnahme zu dulden. DerUnterlassungsanspruch habe der Klägerin mangels einer konkreten Zufahrtsbehinderungnicht zugestanden, da sie in den meisten von ihr genannten Fällen dasGrundstück nicht habe verlassen wollen oder sie habe nicht vorgetragen, dassdas Halten länger als drei Minuten gedauert habe.

 

4.Entscheidung des Bundesgerichthofes

Der Bundesgerichtshof hat dieses Urteilaufgehoben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgerichtzurückverwiesen.

Der BGH stimmt mit der Vorinstanz überein,dass die Klägerin grundsätzlich von den Beklagten die Entfernung ihrerFahrzeuge von Stichweg verlangen könnte, da sie durch die Zufahrtsbeschränkungan der ungestörten Ausübung des Besitzes an ihrem Grundstück gehindert ist. DasEigentum am Grundstück wird durch die Behinderung des Zugangs und nicht durchden Verstoß gegen das Straßenverkehrsrecht beeinträchtigt. Dies istgrundsätzlich auch nur dann der Fall, wenn jemand das Grundstück der Klägerinmit einem Fahrzeug verlassen oder erreichen will, also eine tatsächlicheBehinderung vorliegt.

Jedoch bejaht der BGH auch die Pflicht derKlägerin, nicht wesentliche, kurzfristige Beeinträchtigungen der Zufahrt fürBe- und Entladegeschäfte vor dem Grundstück der Beklagten zu dulden, da dieBeklagten – wie die Klägerin – Anlieger derselben öffentlichen Straße sind unddeswegen auf die Nutzung der Straße zur Anbindung des Grundstücks an das übrigeStraßennetz angewiesen sind. Dem steht es auch nicht entgegen, dass dasbenachbarte Grundstück noch über eine andere Zufahrt verfügt, da den Beklagtendie Nutzung ihres Hauses erschwert würde, wenn sie auch schwere Gegenständenicht unter Benutzung des Stichweges in unmittelbarer Nähe des Hauseingangsabladen dürften.

Welche Beeinträchtigung die Klägerin dabei zudulden habe hänge von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Es solljedoch grundsätzlich gelten, dass die Beklagten die Ausfahrt eines Fahrzeugsvon dem Grundstück nicht hindern dürfen und auch bei erkennbarerEilbedürftigkeit sofort den Weg räumen müssen. In anderen Fällen müsse sich dieKlägerin gedulden.

Als rechtsfehlerhaft hat der BGH jedochangesehen, dass das Landgericht den Unterlassungsanspruch deshalb abgelehnthat, weil die Klägerin keinen Vorfall vorgetragen habe, in der die Beklagtenden Stichweg in einem von der Klägerin nicht zu duldenden Umfang blockierthaben. Es sei rechtsfehlerhaft gewesen, von der Klägerin geschilderteZugangsbehinderungen zu verneinen, da nicht vorgetragen worden sei, dass dieBeeinträchtigungen länger als drei Minuten gedauert haben.

Ein Rückgriff auf die Definition des Parkensaus § 12 Abs.2 StVO sei nicht geboten, da eine rechtwidrige Beeinträchtigungdes Eigentums auch weniger als drei Minuten dauern kann, bspw. wenn dieKlägerin in erkennbarer Eile ist. Aufgrund dieses vom Landgerichtrechtsfehlerhaft gewürdigten Vorbringens hat der BGH das Urteil desLandgerichts insgesamt aufgehoben und zu erneuten Entscheidung zurückverwiesen.

 

5.Fazit

Bei Behinderungen von Grundstückeinfahrtendurch den Nachbarn stehen den Betroffenen oft Unterlassungsansprüche zu, sofernes sich nicht um unwesentliche und kurzfristige Beeinträchtigungen handelt. Letzterehat der Grundstückseigentümer grundsätzlich zu dulden.

Zunächst sollte jedoch der Versuch einergütlichen Einigung unternommen werden. So kann verhindert werden, dass sich dieFronten auf Dauer verhärten.

Schlagen außergerichtliche Bemühungen fehl,kommt eine gerichtliche Durchsetzung der Unterlassungsansprüche in Betracht. ImVorfeld ist es wichtig, die Störungen möglichst detailliert und mitBeweismöglichkeiten (z.B. Fotos, Zeugen) zu dokumentieren.

Weitere Informationen zuUnterlassungsansprüchen gibt auch der Artikel „Unterlassungsansprüche beiZuparken der Grundstückseinfahrt durch Nachbarn“.

 

Schlagwörter: Nachbarschaftsrecht,Behinderung der Grundstückseinfahrt, Unterlassungsansprüche, Duldungspflichten

 

Ansprechpartner für Fragen des Grundstücks-und Nachbarrechts ist:

Christoph Häntzschel

Grundmann Häntzschel Rechtsanwälte

Leipzig

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