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Presserecht: Werbung in Zeitschriften – Trennung von Werbung und redaktionellem Inhalt bei einer „Flappe“

19. Januar 2011: Was darf auf einem Vorschaltblatt der Titelseite (Flappe) einer Zeitschrift stehen? Trennung von Werbung und redaktionellem Inhalt

Der BGH hatte sich mit der Platzierung einer Werbung in Form eines Vorblattes der Titelseite in Verbindung mit der Rückseite einer Zeitschrift und der Vereinbarkeit dieser Form der Werbung mit dem Wettbewerbsrecht und dem Presserecht zu beschäftigten.

Bundesgerichtshof Urteil vom 1. Juli 2010 – I ZR 161/09

§ 3 Abs. 1, 2 und 3, Nr. 11 des Anhangs zu § 3 Abs. 3, § 4 Nr. 3, § 4 Nr. 11, §; § 10 PresseG NRW

Der Bundesgerichtshof hat mit dem Urteil vom 1. Juli 2010 entschieden, dass die Werbung in Form eines Vorblattes der Titelseite in Verbindung mit der Rückseite einer Zeitschrift keine getarnte Werbung darstellt, wenn der werbende Charakter eindeutig erkennbar ist.

 

Sachverhalt

Es ging um eine Werbung der Deutschen Bahn in der Zeitschrift „Wirtschaftswoche“. Einem Heft der Zeitschrift im Jahre 2008 war über die Titelseite und die Rückseite ein halbseitiges Vorschaltblatt (in der Branche genannt „Flappe“) geheftet. Auf der Rückseite des Heftes befand sich eine Werbeanzeige für die 1. Klasse der Deutschen Bahn. Das Vorschaltblatt war auf der Rückseite grafisch genauso gestaltet wie der dadurch überdeckte Teil der Werbeanzeige auf der Rückseite.

Gegen diese Werbung ging die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs vor, weil nach ihrer Meinung diese Gestaltung des Vorschaltblatts gegen das Gebot der Trennung von redaktionellem Teil und Werbung in einer Zeitschrift verstieß.

 

Rechtslage

Der Unterlassungsanspruch der Klägerin gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG wurde vom Bundesgerichtshof zurückgewiesen.

Nach Auffassung des Gerichts stellt diese Werbeform keine als Information getarnte Werbung dar. Gemäß Nummer 11 des Anhangs zu § 3 III UWG ist die als Information getarnte Werbung unzulässig.

Das auf der Vorderseite befindliche Vorschaltblatt erweckte zwar den Eindruck, es sei dem redaktionellen Inhalt der Zeitschrift zuzurechnen, ließ aber ein konkretes Unternehmen oder Produkt nicht erkennen.

Die Werbung wurde erst dadurch wirksam, dass der Leser die Heftrückseite mit betrachtete. Erst im Zusammenhang mit der Rückseite wird der werbende Charakter des Vorschaltblattes offensichtlich. Dann erweckte der Text auf der Vorderseite des Vorschaltblattes auch nicht den Eindruck eines redaktionellen Beitrags. Für sich allein genommen fehlte der Vorderseite der Klappe hingegen jeder Werbecharakter für ein bestimmtes Unternehmen oder Produkt.

Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs liegt auch kein Verstoß gegen § 3 I, II, § 4 Nummer 3 UWG vor, weil der Werbecharakter des Vorschaltblattes nicht verschleiert wird. § 4 Nummer 3 UWG dient dem Schutz der Verbraucher vor einer Täuschung über den kommerziellen Hintergrund geschäftlicher Maßnahmen.

Der Werbecharakter des Vorschaltblattes wird nicht verschleiert, wenn der Leser die Werbung auf der Rückseite zur Kenntnis nimmt. Wenn ein Leser der Aufforderung auf der Vorderseite nachkommt und die Zeitung rumdreht, nimmt er  Vorder- und Rückseite des Vorschaltblattes einheitlich als Werbemaßnahme wahr. Dann hält er die Aussage auf der Vorderseite des Vorschaltblatts auch nicht mehr für eine neutrale Aussage.

Auch ein Verstoß gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit den Landespressegesetzen über die Trennung von redaktionellen Inhalten und Werbung lag nicht vor. Nach den Regelungen des Pressegesetzes, hier konkret benannt § 10 Pressegesetz NRW, muss der Verleger oder Verantwortliche eines periodischen Druckwerks, der für eine Veröffentlichung ein Entgelt erhalten hat, diese Veröffentlichung mit dem Wort „Anzeige“ bezeichnen, wenn die Veröffentlichung nicht schon durch die Anordnung und Gestaltung allgemein als Anzeige zu erkennen ist.

Da nach Auffassung des Bundesgerichtshofs der Werbecharakter der Aussage der Deutschen Bahn ohne weiteres erkennbar ist und die Vorderseite des Vorschaltblattes für sich genommen ohne Zusammenwirken mit der Anzeige auf der Heftrückseite keine Werbewirkung hat, scheidet auch ein Verbot gegen das Presserecht aus.

 Da deswegen auch die Abmahnung nicht berechtigt war, steht der Klägerin auch kein Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten gemäß § 12 I Satz 2 UWG zu.

 

Stichworte: Abmahnung, Abmahnkosten Flappe, Klage, Presserecht, Unterlassung, Unterlassungsanspruch, Werbung

 

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