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25.08.2018: Privates Surfen am Arbeitsplatz führt zur fristlosen Kündigung

Übermäßige private, vor allem jedoch missbräuchliche Nutzung des Internets am Arbeitsplatz können den Arbeitgeber zum Ausspruch einer fristlosen Kündigung gem. § 626 Abs. 1 BGB berechtigen.

1. Voraussetzungen einer fristlosen Kündigung

Eine fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses kann gem. § 626 Abs. 1 BGB ausgesprochen werden, wenn zunächst ein wichtiger Grund (1. Stufe) vorliegt. Sodann werden die Umstände des Einzelfalls betrachtet und die Interessen des Arbeitgebers sowie des Arbeitnehmers (2. Stufe) abgewogen. Die Fortführung des Arbeitsverhältnisses darf unter Berücksichtigung der ordentlichen Kündigungsfrist für den Kündigenden nicht mehr zumutbar sein.

a. Wichtiger Grund

Die missbräuchliche Nutzung des Internets während der Arbeitszeit für private Zwecke stellt einen solchen wichtigen Grund dar, wenn keine Erlaubnis im Arbeitsvertrag vereinbart wurde.

Der Arbeitnehmer ist während seiner Arbeitszeit zur Arbeit gegenüber dem Arbeitgeber verpflichtet. Durch die private Nutzung des Internets während der Arbeitszeit verletzt er diese Pflicht. Die Pflichtverletzung wiegt umso schwerer, je gravierender die private Nutzung des Internets in inhaltlicher und zeitlicher Hinsicht ist.

Die Nutzung mit monatlich 45 Stunden beeinträchtigt die Arbeitszeit erheblich. Ein wichtiger Grund ist auch gegeben, wenn es sich bei den besuchten Webseiten um diverse „Freizeitdienstleister“ und „Partnervermittlungen“ mit sexuellem Hintergrund handelt. Diese stellen eine Verletzung der Arbeitspflicht im Sinne von „Arbeitsbetrug“ und „Gefährdung der IT-Sicherheit“ dar.

b. Einzelfallumstände und Interessenabwägung

In einer Gesamtwürdigung wird das Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortbestand abgewogen. Berücksichtigt werden auf Arbeitnehmerseite vor allem soziale Gesichtspunkte, u.a. seine Betriebszugehörigkeit, Alter und familiäre Lebensumstände. Dem gegenüber stehen die schutzwürdigen Interessen des Arbeitgebers. Regelmäßig werden das Gewicht und die Auswirkungen der Vertragspflichtverletzung, insbesondere im Hinblick auf den Vertrauensverlust und die wirtschaftlichen Folgen, das Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf berücksichtigt.

 2. Berücksichtigung des Datenschutzes bei der Auswertung der Daten

Die Berücksichtigung des Datenschutzes spielt bei der Auswertung des Browserverlaufs eine große Rolle. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung wird dabei verletzt. Möglicherweise ist daher die Verwertung der Daten in einem gerichtlichen Prozess verboten.

Sofern keine entsprechende arbeitsvertragliche Vereinbarung vorliegt, erfolgt das Recht auf Verwertung dieser Daten aus § 32 Abs. 1 S. 1 BDSG.

Hiernach dürfen personenbezogene Daten eines Arbeitnehmers für Zwecke des Arbeitsverhältnisses erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn dies für die Entscheidung über die Begründung eines Arbeitsverhältnisses oder für seine Durchführung oder Beendigung erforderlich ist. Somit dient § 32 Abs. 1 S. 1 BDSG als Grundlage zur Missbrauchskontrolle im Arbeitsverhältnis. Denn das konkrete Ausmaß eines Missbrauchs durch die private Nutzung des dienstlichen Internetzugangs lässt sich nur durch die Auswertung der Verlaufsdaten feststellen.

 3. Zusammenfassung

Auch das Bundesarbeitsgericht dürfte sich dieser Entscheidung anschließen, da vor allem die Beeinträchtigung der Interessen des Arbeitgebers gegenüber dem Interesse des Schutzes der Daten des Arbeitnehmers überwiegen würde.

Für Arbeitgeber bedeutet dies, dass sie bei Missbrauch des dienstlichen Onlinezugangs durch Arbeitnehmer grundsätzlich gesetzlich legitimiert sind, die Auswertung der Verlaufsdaten in einem arbeitsgerichtlichen Prozess zu Beweiszwecken zu verwenden.

Arbeitnehmer sollten mit ihrem Arbeitgeber absprechen, ob und in welchem Umfang eine private Nutzung des Internets im Arbeitsverhältnis erlaubt ist. Bestenfalls sollten sie die Arbeitszeit zum Arbeiten und die Freizeit zum Surfen nutzen.

 

Im Zweifel holen Sie sich fachlichen Rat ein. Wir beraten Sie gern.

Ihr Ansprechpartner im Arbeitsrecht in Leipzig:

 

Christoph Häntzschel

 Rechtsanwalt, Mediator und Fachanwalt für Arbeitsrecht

Grundmann Häntzschel Rechtsanwälte

 

(LAG Berlin-Brandenburg: Urteil vom 14.01.2016 – 5 Sa 657/15)

 

 

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