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20.08.2018: Beleidigung des Arbeitgebers als Kündigungsgrund?

Negative Äußerungen eines Mitarbeiters gegenüber dem Arbeitgeber können Konsequenzen haben. Doch nicht jedes vom Arbeitgeber missbilligte Verhalten rechtfertigt auch zugleich eine Kündigung.

So verhält es sich zum Beispiel mit vom Arbeitnehmer ausgesprochenen Beleidigungen. In einem vom LAG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 24.07.2014 – 5 Sa 55/14) entschiedenen Fall hatte der Arbeitnehmer seinen Vorgesetzten im Kollegenkreis u.a. als „Psychopathen“ beschimpft. Dennoch sah das LAG hierin keine Rechtfertigung zur Kündigung. Da eine Kündigung für den Arbeitnehmer eine einschneidende Maßnahme bedeutet, sind an sie hohe Anforderungen zu stellen.

Fristlose Kündigung

Eine außerordentliche Kündigung ist gem. § 626 I BGB dann möglich, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

Das LAG legte zwar dar, dass eine solche Beleidigung aufgrund ihrer erheblichen Ehrverletzung an sich einen rechtfertigenden Grund für eine fristlose Kündigung darstellen kann. Auch eine einmalige Ehrverletzung ist kündigungsrelevant.

Bei einer fristlosen Kündigung ist jedoch auch zu prüfen, ob dem Arbeitgeber nicht mildere Mittel zur Reaktion zur Verfügung standen.

Abmahnung als milderes Mittel

Als mildere Mittel stehen insbesondere eine Abmahnung und eine ordentliche Kündigung zur Verfügung. Sie kommen nur dann nicht in Betracht, wenn von vornherein erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung des Arbeitnehmers in Zukunft nicht zu erwarten ist oder es sich um eine schwere Pflichtverletzung handelt (z.B. Tätlichkeit, schwere Beleidigung). Diese muss das Vertrauensverhältnis zwischen den Vertragspartnern nachhaltig zerstören.

Der Grund, warum das LAG im vorliegenden Fall eine Abmahnung als ausreichend  und damit vorrangig ansah war, dass der Arbeitnehmer die Äußerung lediglich im Kollegenkreis tätigte. Er durfte darauf vertrauen, dass die Äußerung nicht nach außen getragen werde und insbesondere das Vertrauensverhältnis der Parteien nicht beschädigt. Es habe sich zudem um eine emotionale Reaktion auf den Rauswurf durch seinen Vorgesetzten am Vortag gehandelt. Anhaltspunkte dafür, dass eine Abmahnung den Arbeitnehmer nicht von weiteren solchen Verhaltensweisen abgehalten hätte, habe es nicht gegeben.

Ordentliche Kündigung

Aus denselben Gründen scheiterte auch eine ordentliche Kündigung. Diese muss im Anwendungsbereich des Kündigungsschutzes sozial gerechtfertigt sein, § 1 II KSchG. Auch dazu bedarf es grundsätzlich einer vorherigen Abmahnung als milderes Mittel.

Fazit

Ob ein Verhalten des Arbeitnehmers ohne vorherige Abmahnung möglich ist, ist immer anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalls zu prüfen. So kann es von Fall zu Fall trotz eines ähnlichen Verhaltens zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Eine kündigungsrelevante endgültige Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses ist nur in den wenigsten Fällen gegeben. Der Schutz des Arbeitnehmers vor Verlust seines Arbeitsplatzes genießt zunächst Vorrang. Es sollte daher stets zu allererst eine Abmahnung in Betracht gezogen werden. In Ausnahmefällen kann sofort gekündigt werden.

Wir beraten Sie gern umfassend zu den Themen Kündigung und Abmahnung.

Christoph Häntzschel

Fachanwalt für Arbeitsrecht

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