9. Juli 2012: Störerhaftung Filesharing des Ehegatten als Inhaber des Internetanschlusses?
Das Amtsgericht Frankfurt am Main hat entschieden, dass eine Ehefrau ihren Ehepartner auch bei dessen Internetnutzung nicht überwachen muss. Eine solche Überwachung wäre unzulässig und kann keine Verkehrssicherungspflicht hinsichtlich eines Internetanschlusses begründen. Darüber hinaus reicht es nach Ansicht des Gerichts schon aus, wenn der Anschlussinhaber die möglichen Zugangsberechtigten benennt, um seine Störerhaftung auszuschließen. Eine Pflicht, konkrete Nachforschungen anzustellen, besteht nicht.
Amtsgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 25.05.2012, Az.: 32 C 157/12
Ehefrau soll für wahrscheinliches Filesharing ihres Ehemanns haften
Eine Musikverwertungsgesellschaft ließ eine Ehefrau für das Filesharing eines Musikalbums abmahnen. Das Musikalbum, woran die Verwertungsgesellschaft die ausschließlichen Rechte hatte, wurde über die IP-Adresse der Ehefrau öffentlich zugänglich gemacht. Bereits ein Jahr zuvor wurde die Ehefrau wegen des Filesharings eines anderen Albums von der Verwertungsgesellschaft abgemahnt. Aufgrund des erneuten Filesharings verlangt die Verwertungsgesellschaft nun Schadensersatz in Höhe von 156,25 € pro Einzeltitel.
Nach Ansicht der Verwertungsgesellschaft sei die Ehefrau als Anschlussinhaberin entweder Täterin oder Teilnehmerin. Die Ehefrau wendet sich dagegen. Sie meint, dass nur sie oder ihr Ehemann Zugriff auf die IP-Adresse hatte. Ihrem Ehemann hat sie aber gesagt, dass er keine Musik aus dem Internet herunterladen soll. Weitere Überwachungsmaßnahme müsste sie ihrer Ansicht nach nicht anstellen.
Gericht verneint einen Schadensersatzanspruch der Verwertungsgesellschaft
Das Amtsgericht Frankfurt am Main gab der Ehefrau Recht und verneinte einen Schadensersatzanspruch der Verwertungsgesellschaft aus § 97 Abs. 2 S. 1 UrhG. Nach Ansicht des Gerichts sei es der Ehefrau gelungen, die tatsächliche Vermutung, dass der Inhaber eines Internetanschlusses für eine von diesem Anschluss aus begangene Rechtsverletzung verantwortlich ist, zu entkräften. Hierzu reicht es aus, dass bereits die Möglichkeit eines abweichenden Geschehensablaufs feststeht. Insofern folgt das Gericht dem Oberlandesgericht Hamm (Beschluss vom 27.10.2011 – I-22 W 82/11).
Benennung des Täters der Urheberrechtsverletzung ist nicht erforderlich
Nach Ansicht des Gerichts muss der Anschlussinhaber nicht sagen, wer stattdessen die Rechtsverletzung begangen hat. Ausreichend ist, dass gesagt wird, wer noch Zugang zu dem Anschluss hatte. Konkrete Nachforschungen, wer stattdessen Täter ist, müssen nicht angestellt werden. Für die Richter des OLG Hamm, auf dessen Urteil sich das Amtsgericht Frankfurt stützt, macht es keinen Unterschied, ob nur ein bestimmter Personenkreis benannt wird, der Zugang zu dem Anschluss hatte, oder ob die Personen konkret nach der Tatbegehung befragt werden und dieses Ergebnis mitgeteilt wird. Selbst nach einer konkreten Befragung besteht nämlich die Gefahr, dass der wahre Täter die Tat nicht zugibt, so das OLG Hamm. Diese Gefahr trägt aber nicht der Anschlussinhaber.
Die Ehefrau hat keine Verkehrssicherungspflicht gegenüber ihrem Ehemann
Da klar war, dass die Frau die Urheberrechtsverletzung nicht selbst begangen hatte, konnte sich die Haftung der Ehefrau nur noch aus einer Verkehrssicherungspflicht ergeben. Eine solche hat die Ehefrau aber nicht für ihren Mann. Im Verhältnis der Ehegatten zueinander ist eine Überwachung des anderen jedenfalls unzulässig. Dies gilt selbst dann, wenn bereits vorherige Rechtsverletzungen bestehen. Dem kann auch nicht der Umstand entgegen gehalten werden, dass Ehegatten im Strafrecht als Garanten betrachtet werden, so das Amtsgericht. Im Strafrecht geht es um Schutzpflichten, während es hier um Überwachungspflichten geht. Zudem gilt selbst im Strafrecht der Grundsatz, dass ein Ehegatte weder die Pflicht, noch das Recht hat, die Lebensführung des anderen Ehepartners zu beeinflussen oder zu beaufsichtigen. Daher hat ein Ehegatte keine Verkehrssicherungspflicht gegenüber seinem Partner. Die Schadensersatzklage wurde daher abgelehnt.
Fazit: Das Amtsgericht hat in diesem Fall sowohl eine Täter- als auch eine Störerhaftung der Ehefrau verneint. Für die Täterhaftung konnte die Ehefrau erfolgreich den Anscheinsbeweis widerlegen. Eine Störerhaftung hat das Gericht generell bei Ehegatten abgelehnt, weil ein Ehegatte keine Überwachungspflicht gegenüber seinem Partner hat.
Betroffene Gesetze: § 97 Abs. 2 S. 1 UrhG
Schlagworte: Abmahnung, Download, Filesharing, Kontrollpflicht, Öffentlich zugänglich machen, Schadensersatz, Täter, Teilnehmer, Verkehrssicherungspflicht, Überwachungspflicht, Upload, Zugangsberechtigte
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