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Urheberrecht, Internetrecht: Haften Minderjährige für Urheberrechtsverletzungen im Internet?

23. März 2012: BGH zur Haftung von Minderjährigen für Filesharing.

 

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass auch Minderjährige für Urheberrechtsverletzungen im Internet haften. Jugendliche können sich bei einer Urheberrechtsverletzung nicht auf den Minderjährigenschutz der §§ 104ff. BGB berufen. Die BGB-Vorschriften sollen den Minderjährigen nur vor nachteiligen Rechtsgeschäften schützen. Die Haftung des Minderjährigen für Rechtsverletzungen wird dadurch nicht ausgeschlossen.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 03.02.2011, Az.: I ZA 17/10

Vorinstanzen: Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 13.07.2010, Az.: 20 U 171/09
Landgericht Düsseldorf, Urteil vom 09.09.2009, Az.: 12 O 470/07

Minderjähriger bot Musiktitel im Internet zum Download an

Dem Beschluss des Bundesgerichtshofs lag ein eher ungewöhnlicher Fall zu Grunde. Abgemahnt wurde ein Jugendlicher. Normalerweise werden die Eltern wegen Urheberrechtsverletzung ihrer Kinder in Anspruch genommen, da sie meist Inhaber des Internetanschlusses sind. Anders verhielt es sich jedoch im vorliegenden Fall: Hier bot ein Minderjähriger, der zum Zeitpunkt der Handlung erst 15 Jahre alt war, auf seiner Internetseite einen Song zum Download an. Nachdem der Inhaber der Urheberrechte davon erfuhr, forderte er den Jugendlichen auf, eine strafbewährte Unterlassungserklärung abzugeben und den entstandenen Schaden sowie die vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 2.000 € zu zahlen. Daraufhin nahm der Jugendliche den Inhalt aus dem Netz. Die Unterlassungserklärung gab er hingegen nicht ab.

Daraufhin reichte der Urheberrechtsinhaber Klage beim Landgericht Düsseldorf ein. Dabei forderte er den Minderjährigen zur Unterlassung und zum Schadensersatz sowie zur Zahlung der vorgerichtlichen Anwaltskosten auf. Der Jugendliche beantragte, die Klage abzuweisen, da er als Minderjähriger nicht haftet. Außerdem müsse die Abmahnung seinem gesetzlichem Vertreter zugehen.

Das Landgericht verurteilte den Minderjährigen zur Unterlassung der weiteren Urheberrechtsverletzung durch das Anbieten des Songs in Onlinetauschbörsen. Bezüglich der Ansprüche der Urheberrechtsinhaber auf Schadensersatz und Zahlung der Abmahnkosten wies das Landgericht die Klage ab. Hiergegen legte der Urheberrechtsinhaber Berufung beim Oberlandesgericht Düsseldorf ein. Die Richter des Oberlandesgerichts Düsseldorf verurteilten daraufhin den Minderjährigen auch zur Zahlung von Schadensersatz und Abmahnkosten. Dabei ließen sie die Revision zum Bundesgerichtshof nicht zu.

Dagegen wendete sich der Minderjährige mit einer Nichtzulassungsbeschwerde.

Die Richter bestätigen die Entscheidung des Oberlandgerichts

Der Bundesgerichtshof wies die Beschwerde ab. Die Richter halten die Verurteilung zur Unterlassung und zur Zahlung des Schadensersatzes und der Abmahnkosten für rechtmäßig. Insbesondere haftet auch ein Minderjähriger für Urheberrechtsverletzungen im Internet.

Minderjähriger haftet auch für Urheberrechtsverletzungen im Internet

Nach Ansicht der Richter kann sich ein Minderjähriger bei der Frage der Haftung für Urheberrechtsverletzungen im Internet nicht auf den Minderjährigenschutz der §§ 104ff. BGB berufen. Nach diesen Vorschriften sind Rechtsgeschäfte eines Minderjährigen grundsätzlich nur mit Zustimmung seiner Eltern zulässig. Dieser Schutz gilt aber nur für rechtsgeschäftliche Tätigkeiten eines Minderjährigen. Die deliktische Haftung, insbesondere für Urheberrechtsverletzungen durch Filesharing, wird hingegen nicht ausgeschlossen, so die Richter. Die Richter stellen damit klar, dass zwischen einem Rechtsgeschäft eines Minderjährigen und seiner deliktischen Haftung klar zu unterscheiden ist. Für die Haftung von Rechtsverletzungen kommt es zunächst nicht auf das Alter an. Dies gilt insbesondere für Urheberrechtsverletzungen im Internet.

Ob Abmahnung den Eltern zugehen muss, bleibt ungeklärt

Der Bundesgerichtshof ließ ausdrücklich die Frage offen, ob die Abmahnung für Urheberrechtsverletzungen eines Jugendlichen dem gesetzlichen Vertreter zugehen muss. Dies hatte das Landgericht unter Hinweis auf das Urteil des OLG München (Urteil vom 28.09.2001, Az.: 29 W 2398/01) angenommen. Demnach müsse eine Abmahnung entsprechend § 131 Abs. 2 S. 2 BGB auch dem gesetzlichen Vertreter des Minderjährigen zugehen, um wirksam zu werden und hieraus die Abmahnkosten verlangen zu können. Dieser Ansicht folgte das Oberlandesgericht Düsseldorf nicht. Für die Bundesrichter kam es auf diese Frage nicht an. Zum einen meinten die Richter, dass die Mutter des Minderjährigen zumindest von der Abmahnung Kenntnis hatte. Zum anderen war der Wert dieser Abmahnkosten mit 2.000 € zu gering, um die Revision zuzulassen, so die Richter. Nach § 26 Nr. 8 EGZPO ist eine Nichtzulassungsbeschwerde unzulässig, wenn der Wert der Beschwerde unter 20.000 € liegt. Dies war hier der Fall, da nur noch die Abmahnkosten überprüft werden konnten.

Insgesamt lehnte der Bundesgerichtshof die Nichtzulassungsbeschwerde des Minderjährigen nach §  544 Abs. 5 ZPO ab. Damit wurde das Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf rechtskräftig.

Rechtstipp: Bei rechtswidrigem Filesharing durch das eigene Kind sollten Sie sich niemals damit verteidigen, dass es doch „nur“ das eigene – minderjärhige – Kind war. Auch dieses haftet für Urheberrechtsverletzungen für die Abmahnung und auf Schadensersatz. Im Ergebnis haftet der Jugendliche für seine Urheberrechtsverletzung und der Elternteil, auf den der Anschluss angemeldet ist.

Betroffene Gesetze: § 107 BGB, § 131 Abs. 2 S. 2 BGB, § 19a UrhG, § 97 UrhG, § 544 ZPO

Schlagworte: Abmahnung, Filesharing, Haftung, Minderjähriger, Minderjährigenschutz, Nichtzulassungsbeschwerde, Strafbewährte Unterlassungserklärung, Unterlassungsanspruch

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