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Wärmedämmung an Grenzwand – Nachbar muss Überbau nicht hinnehmen

Der Eigentümer eines Grundstücks muss nicht hinnehmen, dass eine Wärmedämmung am Haus des Nachbarn über die Grenze des Grundstücks ragt.

30.März 2010

1. Zusammenfassung

DerEigentümer eines Grundstücks muss nicht hinnehmen, dass eine Wärmedämmung am Hausdes Nachbarn über die Grenze des Grundstücks ragt.

Diesgeht aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe (Aktenzeichen6 U 121/09) hervor.

Imentschiedenen Fall hatte ein Grundstückseigentümer auf der Außenwand seinesGebäudes zunächst eine mindestens 12 cm starke Isolierung aufgebracht, dieanschließend mit einem Grundputz und einem Oberputz versehen werden sollte. DieGesamtdicke der geplanten Baumaßnahme belief sich auf 15 cm. Da das zu dämmendeGebäude unmittelbar bis an die Grenze des Grundstücks eines Nachbarn bebautist, hätte die beabsichtigte Schicht 15 cm in den Luftraum über das Grundstückdes Nachbarn hinein geragt, was auch die dort befindliche Durchfahrt desNachbarn eingeengt hätte.

Aufden Widerspruch des Nachbarn stoppte der Hauseigentümer zunächst die Arbeiten,setzte sie später jedoch fort. Der Nachbar forderte den Hauseigentümererfolglos unter Fristsetzung und Androhung gerichtlicher Schritte zur Abgabeeiner Unterlassungserklärung auf. Deshalb beantragte der Nachbar eineeinstweilige Verfügung gegen die Baumaßnahme. Diese wurde antragsgemäßerlassen. Die hiergegen gerichtete Berufung des (bauenden) Hauseigentümers zumOLG blieb ohne Erfolg.

DasGericht stellte fest, dass der Eigentümer eines Grundstücks nicht dulden muss,dass die Wand eines an die Grundstücksgrenze gebauten Nachbarhauses mitWerbedämmplatten versehen wird, die 15 cm in den Luftraum seines Grundstücksragen. Eine Duldungspflicht folgt nach Auffassung des Gerichts weder aus denVorschriften des bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) noch aus den Vorschriften des lokalgeltenden Nachbarrechtsgesetzes.

Gemäß § 912 Abs. 1 BGB hat der Nachbar einen Überbau nur zu dulden, wenn der (bauende)Hauseigentümer bei der Errichtung eines Gebäudes über die Grenze wedervorsätzlich noch grob fahrlässig handelt. Darüber hinaus besteht eineDuldungspflicht nur dann, wenn der vom Überbau betroffene Nachbar nicht voroder zumindest sofort nach der Grenzüberschreitung Widerspruch erhoben hat.

NachAnsicht des Gerichts handelte der Hauseigentümer im entschiedenen Fall jedenfallsgrob fahrlässig. Er hätte sich – gegebenenfalls durch Hinzuziehung einesVermessungsingenieurs – darüber vergewissern müssen, ob der für die Bebauungvorgesehene Grund auch ihm gehört und er die Grenzen seines Grundstücks nichtüberschreitet. Außerdem scheiterte die Zulässigkeit des Überbaues amWiderspruch des Nachbarn.

Das OLG ging bei seiner Entscheidung davon aus, dassdie einschlägige Regelung im BGB auch auf den hier streitigen Fall anzuwendenist, bei dem ein zunächst innerhalb der Grenzen errichtetes Gebäude durchnachträgliche Veränderung zu einem Überbau führt.

Damitblieb es bei der vorinstanzlichen einstweiligen Verfügung. Danach hat es derHauseigentümer unter Androhung eines Ordnungsgeldes von bis zu 100.000 € zuunterlassen, die in das Grundstück des Nachbarn hineinragende Außenisolierunganzubringen. Außerdem hat er jegliche Baumaßnahme an der betroffenen Fassade zuunterlassen, durch die ein Überhang oder ein Überbau des Grundstücks entsteht.

2. Fazit

Einüber die Grundstücksgrenze ragender Überbau muss nicht geduldet werden.

Allerdingsdarf der von einem Überbau betroffene Nachbar dem Baugeschehen nicht tatenloszusehen. Vor, spätestens jedoch bei Beginn der grenzüberschreitendenBaumaßnahme, muss er dieser ausdrücklich widersprechen. Tut er das nicht, kanneine Pflicht zur Duldung des Überbaus entstehen.

Beginntder Nachbar trotz Widerspruchs mit grenzüberschreitenden Baumaßnahmen bzw. setzter diese nach Widerspruch des vom Überbau betroffenen Nachbarn fort, kann gegenden bauenden Nachbarn ein Unterlassungsanspruch im Wege der einstweiligenVerfügung durchgesetzt werden.

Ansprechpartnerfür Fragen des Grundstücks- und Nachbarschaftsrechts ist:

Christoph Häntzschel

Telefon: 0341/2 15 39 46
E-Mail: haentzschel [at] hgra.de

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