Rechtsblog

06.02.2020: Bundesverwaltungsgericht: Verbot von „linksunten.indymedia“ bleibt bestehen

Das Bundesverwaltungsgericht hat am 29.01.2020 entschieden, dass das Verbot von „linksunten.indymedia“ bestehen bleibt (Az. 6 A 1.19 u.a). Dabei hat das Gericht die Rechtmäßigkeit des Verbots durch das Bundesinnenministerium allerdings gar nicht überprüft. Die Kläger kündigten bereits an, vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen. Eine endgültige Entscheidung steht damit noch aus.

Bundesinnenministerium verbietet „linksunten.indymedia“ über das Vereinsrecht

„linksunten.indymedia“ ist seit 2009 eine Webseite, auf der linke Inhalte anonym veröffentlicht werden können. Dazu gehören etwa Bekennerschreiben, wie z.B. zu Sachbeschädigungen an der Bundeszentrale der SPD im Jahr 2013 oder der Hamburger Messe im Vorfeld des G20-Gipfel in Hamburg im Jahr 2017. Aber auch Anleitungen zum Bau von Molotowcocktails waren dort zu finden. Das Bundesinnenministerium hatte diese Aktivistenwebseite „linksunten.indymedia.org“ 2017 als verfassungsfeindlichen Verein verboten. Die Verbotsverfügung wurde mutmaßlichen Betreibern der Seite zugestellt.

Kläger klagen als Einzelpersonen, nicht als Vereinsmitglieder

Fünf Personen, denen die Verbotsverfügung zugestellt wurde, klagten nun vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig, das erstinstanzlich zuständig ist, gegen das Verbot. Dabei klagten die Kläger allerdings nicht als Verein oder als Mitglieder dieses Vereins, sondern als Einzelpersonen. Hintergrund ist dabei, dass es für die Kläger rechtlich (und persönlich) gravierende Konsequenzen haben könnte, wenn sie einräumen würden, dass die Mitglieder von „linksunten.indymedia“ sind. Denn zum einen droht eine Haftung für alle Inhalte, die auf der Webseite veröffentlicht werden. Zum anderen wurden die strafrechtlichen Ermittlungen wegen der Bildung einer kriminellen Vereinigung nur aufgrund des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens vorläufig eingestellt. Daher müssten die Kläger nun erneut mit strafrechtlichen Ermittlungen rechnen. Inhaltlich brachten sie insbesondere vor, dass es sich bei „Linksunten.indymedia“ gar nicht um einen Verein gehandelt habe und das Verbot des Bundesinnenministeriums daher ins Leere gegangen wäre.

Bundesverwaltungsgericht: „inksunten.indymedia“ ist ein Verein

Das Bundesverwaltungsgericht entschied zunächst, dass die Kläger nur verlangen können, dass gerichtlich festgestellt wird, ob ein Verein vorliegt. Nach Ansicht der Richter ist „linksunten.indymedia“ ein Verein, der auch über das Vereinsrecht verboten werden kann. Dies stützten die Richter darauf, dass sich 2008 mehrere Personen zu einem Gründungstreffen zusammengefunden hätten, um eine linke Gegenöffentlichkeit herzustellen. Dabei hätten sie sich freiwillig zusammengeschlossen und seien arbeitsteilig organisiert, was für einen Verein spräche.

Eine Entscheidung darüber, ob das Verbot des Bundesinnenministeriums auch rechtmäßig sei, kann laut Bundesverwaltungsgericht aber nur durch den Verein selbst herbeigeführt werden. Aus diesem Grund befassten sich die Richter mit der Rechtmäßigkeit des Verbots nicht.

Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts wird für Diskussionen sorgen

Bereits die ersten Reaktionen zeigen, dass die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts sehr umstritten ist. Gerade die Ansicht, dass Medienorganisationen über das Vereinsrecht verboten werden können, dürfte für Diskussionen sorgen. Es ist gerade im Hinblick auf die Pressefreiheit durchaus gefährlich, wenn Webseiten über das Vereinsrecht verboten werden. Hier könnte das Presserecht vorrangig sein. Die Schlussfolgerung des Bundesverwaltungsgerichts, dass die Überprüfung eines Vereinsverbots nur durch den Verein selbst eingeklagt werden kann, ist weniger überraschend, da diese Frage bereits durch das Bundesverwaltungsgericht entschieden wurde und eine Rechtsprechungsänderung nicht zu erwarten war.

Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgericht wird wahrscheinlich noch nicht die letzte gerichtliche Entscheidung im Zusammenhang mit „linksunten.indymedia“ sein. Die Kläger kündigten bereits an, noch vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen.

Ihr Ansprechpartner für Verwaltungsrecht:

Rechtsanwalt Christoph Häntzschel, Fachanwalt für Verwaltungsrecht

Rechtstipps und Urteile