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Arbeitsrecht: Anspruch auf Urlaubsabgeltung nicht an Fristen gebunden

6. Juli 2012: BAG – Arbeitgeber muss Urlaub auch nach längerer Zeit noch bezahlen.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19. Juni 2012 – 9AZR 652/10.

 

Worum geht es?

Jeder Arbeitnehmer hat in jedem KalenderjahrAnspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Dies garantiert der Gesetzgeber demArbeitnehmer in § 1 des Bundesurlaubsgesetzes (BUrlG).

 

Die Urlaubszeit kann dabei nicht frei vomArbeitnehmer gewählt werden: Zum einen sind die betrieblichen Belange desArbeitgebers und die Urlaubswünsche der Kollegen zu beachten, zum anderen mussder Urlaub im laufenden Kalenderjahr genommen werden.

 

Nur ausnahmsweise kann der Urlaubsanspruch noch imfolgenden Kalenderjahr bis zum 31. März geltend gemacht werden. Gründe hierfürkönnen in der Person des Arbeitnehmers liegen oder sich aus dringendenbetrieblichen Belangen ergeben.

 

Wird das Beschäftigungsverhältnis mit demArbeitnehmer gekündigt, so steht diesem statt des Urlaubsanspruches eingesetzlicher Urlaubsabgeltungsanspruch zu. Er dient als Ersatz (Surrogat) fürden nicht genommenen Urlaub.

 

Der Urlaubsabgeltungsanspruch bemisst sich seinerHöhe nach an dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst der letzten 13 Wochen.

 

Was hat das Gericht entschieden? 

Streng in Übereinstimmung mit dem Gedanken, dass essich bei dem Urlaubsabgeltungsanspruch um einen Ersatz für den nicht genommenenUrlaub handelt, hat das Bundesarbeitsgericht die gesetzlichen Vorgaben desUrlaubsanspruchs auf den Urlaubsabgeltungsanspruch übertragen.

 

Der Arbeitnehmer musste deshalb bisher denUrlaubsabgeltungsanspruch bis zum Ende des laufenden Kalenderjahres, in das dieKündigung fiel, geltend machen. Nur ausnahmsweise war ihm dies bis zum 31. Märzdes Folgejahres möglich.

 

Diese Rechtsprechung gab das Bundesarbeitsgericht(BAG) mit Urteil vom 19. Juni 2012 auf. Grund hierfür sind zwingende unionsrechtlicheVorgaben, die eine andere Interpretation des Gesetzes nicht zulassen.

 

Was müssen Arbeitnehmer nun beachten?

Für einen gekündigten Arbeitnehmer bedeutet die Entscheidung des BAG,dass die Geltendmachung des Urlaubsabgeltungsanspruchs nicht an Fristengebunden ist. Gleichwohl muss er beachten, dass der Anspruch auf Urlaubsabgeltung wie jeder Anspruch verjährt. Außerdem bestehen häufig (kurze) Ausschlussfristen für Ansprüche laut Arbeitsvertrag oder nach einem geltendem Tarifvertrag (z.B. 3 oder 6 Monate). Folglich sollte der Betroffene seine Ansprüche zügig nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses prüfen.

 

Stichwörter: Urlaubsabgeltungsanspruch,Bundesurlaubsgesetz, Surrogatstheorie, nicht genommener Urlaub, Bezahlung des Urlaubs, Verfristung, Verjährung, Ausschlussklausel, Kündigung

 

Ansprechpartnerfür Fragen des Arbeitsrechts ist:
RechtsanwaltChristoph Häntzschel
Telefon: 0341/2 15 3946

 

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