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Bildrechte, Arbeitsrecht: Ansprüche des Arbeitnehmers bei unerlaubter Verwendung seines Fotos durch den Arbeitgeber im Internet

20. Juni 2012: Das Recht am eigenen Bild nach Beendigung des Arbeitsvertrages.

                             
Insbesondere nach der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses, sei es durch Kündigung oder Aufhebungsvertrag, kann es zum Streit über die Veröffentlichung von Fotos eines Mitarbeiters auf der homepage des Unternehmens kommen.
Besonders brisant ist dies, wenn der ehemalige Arbeitnehmer sich nach dem Ausscheiden aus einem  Unternehmen selbst googelt und erst dadurch erstmals erfährt, dass das Unternehmen ein Foto von ihm auf der Internetseite veröffentlicht.
In einem konkreten von uns betreuten Fall wurde das für die Veröffentlichung verwendete Passbild ungefragt aus der Bewerbungsmappe des Mitarbeiters genommen.
Unabhängig davon, dass bei unerlaubter Verwendung eines Bewerbungsfotos, das  in der Regel von einem professionellen Fotografen gefertigt wurde, dessen Urheberechte verletzt werden, stellt sich die Frage, welche Rechte der Arbeitnehmer geltend machen kann.

Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch des früheren Arbeitnehmers

Der ehemalige Mitarbeiter hat einen Anspruch auf Beseitigung und Unterlassung der Veröffentlichung seines Fotos und seiner persönlichen Daten gegen seinen früheren Arbeitgeber. Dieser Unterlassungsanspruch folgt aus §§ 1004 Abs. 1, 823 Abs. 1, 2 BGB iVm. § 22 Kunsturhebergesetz (KUG). Demnach dürfen Bildnisse nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Was bedeutet das konkret:
Bewerbungsfoto des Mitarbeiters wird auf Internetseite öffentlich zur Schau gestellt
Das Bewerbungsfoto des (ehemaligen) Angestellten wird durch die Veröffentlichung auf der Unternehmens-Homepage öffentlich zur Schau gestellt.
Bei einem Bewerbungsfoto handelt es sich um ein erkennbares Bildnis nach § 22 KUG. Bildnisse sind Abbildungen von Personen, welche diese in ihrer wirklichen, dem Leben entsprechenden Erscheinung darstellen (Dreier/Schulze, 3. Auflage, § 22 KUG, Rn. 1). Das Bewerbungsfoto auf der Homepage zeigt das Portrait des ehemaligen Angestellten. Auf einem Bewerbungsfoto ist man aufgrund seiner Gesichtszüge deutlich erkennbar.
Ein Bild wird öffentlich zur Schau gestellt, wenn Dritten die Möglichkeit verschafft wird, das Bildnis wahrzunehmen. Dies kann auch durch die Einstellung ins Internet geschehen (Dreier/Schulze, 3. Auflage, § 22 KUG, Rn. 11). Mit der Veröffentlichung des Fotos auf der Unternehmens-Homepage konnten Dritte das Foto sehen. Es wurde damit öffentlich zur Schau gestellt.
Einwilligung des Arbeitnehmers in die Veröffentlichung von Fotos notwendig
Bildnisse dürfen grundsätzlich nur mit der Einwilligung des Abgebildeten veröffentlicht werden. Einwilligung ist nach § 183 BGB die vorherige Zustimmung zur Veröffentlichung des Fotos.

Bei ungefragter Benutzung des Bewerbungsfotos durch den Arbeitgeber hat der Arbeitnehmer weder ausdrücklich noch konkludent in die Veröffentlichung eingewilligt. Wenn der Mitarbeiter ein Foto lediglich für Bewerbungszwecke abgegeben hat, hat er an eine Veröffentlichung des Fotos sicher nicht gedacht. In solch einem Fall, in dem dem Abgebildeten Zweck, Art und Umfang der geplanten Verwendung nicht bekannt war, wäre eine Einwilligung auch unwirksam (Dreier/Schulze, 3. Auflage, § 22 KUG, Rn. 18).  Daneben greift auch nicht die Vermutung einer Einwilligung des § 22 Abs. 2 KUG ein, da keinerlei Entlohnung für die Abbildung erfolgte. Der Arbeitslohn enthält – zumindest im normalen Arbeitsverhältnis – keine Vergütung für die Nutzung von Bildnissen des Arbeitnehmers.

Verletzung des Rechts am eigenen Bild wird nicht durch Herausnahme des Fotos beendet

Ist das Recht am eigenen Bild verletzt, steht dem Abgebildeten ein Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch gegen den Verwender zu, wenn eine Wiederholungsgefahr besteht (Palandt, 69. Auflage, 2010, § 1004, Rn. 4, 15). Die Wiederholungsgefahr wird grundsätzlich immer unterstellt. Die Wiederholungsgefahr lässt sich daher grundsätzlich nur durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung abwenden. Das bedeutet: Es reicht nicht, wenn das Foto nur von der Unternehmenshomepage genommen, auch wenn damit klar ist, dass das Foto nicht mehr verwendet werden soll.
Gibt der frühere Arbeitgeber keine Unterlassungserklärung ab, kann der ehemalige Arbeitnehmer den Anspruch vor Gericht einklagen.

Schadensersatzanspruch des früheren Arbeitnehmers

Bei Verletzung des Rechts am eigenen Bild hat der frühere Arbeitgeber einen angemessenen Schadensersatz zu zahlen. Der Anspruch hierfür folgt aus § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 22 KUG als Schutzgesetz bzw. aus § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrecht.
Voraussetzung für den Schadensersatzanspruch ist neben der Rechtsverletzung das Verschulden des Verletzers sowie ein materieller Schaden im Sinne einer Vermögensminderung.
Verschulden des Arbeitgebers an Veröffentlichung
Schuldhaft handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig fremde Bildnisse veröffentlicht. Wer ein Personenbildnis veröffentlicht, unterliegt einer besonderer Sorgfaltspflicht hinsichtlich der Reichweite einer erteilten Einwilligung (Wandtke/Bullinger, UrhR, 3. Auflage, § 22 KUG, Rn. 29). Er muss sich insbesondere vergewissern, dass der Abgebildete in den Zweck und den Umfang der geplanten Veröffentlichung eingewilligt hat (LG München I, Urteil vom 18.12.2003– 7 O 15358/03).
Ein Arbeitgeber, der ungefragt ein Bewerbungsfoto für eigene Werbezwecke verwendet, handelte  zumindest fahrlässig.
Vermögensschaden des Arbeitnehmers wegen der Bild-Veröffentlichung
Dem Arbeitnehmer steht Ersatz seines materiellen Schadens im Sinne der §§ 249 ff. BGB zu. Der Arbeitnehmer kann den Schaden entweder als angemessene Lizenzgebühr, als Herausgabe des Verletzergewinns oder als konkret bezifferten Schaden verlangen (Wandtke/Bullinger, UrhR, 3. Auflage, § 22 KUG, Rn. 28).

Schadensberechnung im Wege der Lizenzanalogie

Der einfachste Weg ist für den Arbeitnehmer in der Regel eine Schadensberechnung nach der Lizenzanalogie. Nach der Lizenzanalogie ist  der Schaden der Betrag, den der Abgebildete üblicherweise für die Zustimmung für die Verwendung seines Bildes fordern kann (BGH, Urteil vom 26.06.1979 – VI ZR 108/78).
Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Abgebildete bereit gewesen wäre gegen Entgelt Lizenzen für die öffentliche Wiedergabe seines Bildnisses einzuräumen (BGH, Urteil vom 26. 10. 2006 – I ZR 182/04). Wer das Bildnis eines Dritten unberechtigt für kommerzielle Zwecke verwendet, zeigt damit, dass er dem Bild einen wirtschaftlichen Wert beimisst (Landgericht Memmingen, Urteil vom 04.05.2011 – 12 S 796/10). An dieser vermögensrechtlichen Zuordnung muss sich der Verletzer festhalten lassen. Für die Annahme der Verkehrsüblichkeit der Lizenzüberlassung genügt es daher, dass ein solches Recht seiner Art nach überhaupt durch die Einräumung von Nutzungsrechten genutzt werden kann und wird, was nicht nur bei Bildnissen bekannter Persönlichkeiten der Fall ist (OLG München, Urteil vom 30.03.2006 – 29 U 4454/05; LG Memmingen, Urteil vom 04.05.2011 – 12 S 796/10).
Da es einen entsprechenden Tarif für die Nutzung eines Arbeitnehmerfotos nicht gibt, ist die Höhe der fiktiven Lizenzgebühr im Streitfall durch ein Gericht zu schätzen. Grundlage der Schätzung können Tarife der Mittelstandsgemeinschaft Foto-Marketing und der Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst sein (LG Memmingen, Urteil vom 04.05.2011 – 12 S 796/10). Weiterhin ist für das Landgericht Memmingen die Größe und Qualität des Fotos und die Frage, ob nur eine Jahreslizenz erworben worden wäre, von Relevanz. Bei einer Verwendung des Fotos auf einer Homepage, wo typischerweise nur eine Jahreslizenz erworben wird und bei einem kleinen Foto von minderer Qualität hat das Landgericht Memmingen eine fiktive Lizenzgebühr in Höhe von 400 € angenommen.
Das OLG München führt hierzu aus, dass bei der Berechnung der fiktiven Lizenzgebühr alle tatsächlichen Umstände des konkreten Einzelfalls zu berücksichtigen sind, insbesondere der Bekanntheitsgrad des Abgebildeten, die Auflagenstärke der Werbezeitung und Verbreitung der die Werbeanzeige enthaltenden Zeitschrift, die Art und Gestaltung der Anzeige sowie die Werbewirkung (OLG München, Urteil vom 17.01.2003 – 21 U 2664/01).
Abschließend kann als Kriterium noch die Verbindung zu dem werbenden Produkt bedacht werden. Wenn das Produkt den Abgebildeten in einem bestimmten Zusammenhang zu dem Produkt zeigt, welcher tatsächlich aber nicht vorliegt, führt dies zu einer Erhöhung der fiktiven Lizenz (BGH, Urteil vom 14.02.1958 – I ZR 151/56). Daneben spielt auch die gesellschaftliche Stellung des Abgebildeten eine wesentliche Rolle (BGH, aaO.; für diesen Fall nahm der BGH einen Schaden von 10.000 DM an).

Zusätzlicher Anspruch des Arbeitnehmers auf Geldentschädigung?

Grundsätzlich kann man zusätzlich auch über eine Geldentschädigung für den Arbeitnehmer nachdenken. Eine Geldentschädigung wird bei schwerwiegenden Persönlichkeitsrechtsverletzungen aus § 823 Abs. 1 BGB und Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz hergeleitet.
Erforderlich für eine Geldentschädigung ist, dass es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend aufgefangen werden kann (BGH, Urteil vom 30.01.1996 – VI ZR 386/94). Dabei hängt die Entscheidung, ob eine hinreichend schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, insbesondere von der Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, ferner auch von Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie von dem Grad seines Verschuldens ab (BGH, aaO.) . Bei der Beurteilung müssen alle Umstände des Einzelfalls mit einbezogen werden. Daher muss das Bildnis auch stets im Zusammenhang mit einem eventuell vorhandenen Begleittext beurteilt werden (BGH, Urteil vom 15.01.1965 – Ib ZR 44/63).
Dem schadet auch nicht, dass die Rechtsprechung nur in besonders gelagerten Fallkonstellationen einen Geldentschädigungsanspruch billigt. Zu diesen Fällen zählt auch die ungenehmigte Verwendung eines Bildnisses für Werbezwecke (vgl. nur BGH, Urteil vom 14.04.1992 – VI ZR 285/91). Aus diesem Grund ist grundsätzlich auch ein Anspruch auf Geldentschädigung möglich.
Dagegen wurde eine Entschädigung für den Fall abgelehnt, dass eine auf einer Modenschau gemachte Aufnahme eines Mannequins ohne dessen Einwilligung zu Werbezwecken verwendet wurde (OLG Koblenz, Urteil vom 02.03.1995 – 6 U 1350/93).

Ebenso abgelehnt wurde eine ungenehmigte Veröffentlichung eines Fotos eines Börsenmaklers (LG Frankfurt am Main, Urteil vom 24.07.2003– 2/3 O 95/02). In beiden Fällen erkannte das Gericht keine schwerwiegende Persönlichkeitsverletzung an. Das Landgericht Frankfurt verneinte den Anspruch, weil das Gesicht des Börsenmaklers teilweise durch eine Zeitung verdeckt war und er nicht deutlich der Aufnahme widersprochen hat. Auch ist keine Herabsetzung zu erkennen. Auchim Urteil des Oberlandesgericht Koblenz zum Fall des Mannequins hieß es: DasWerbefoto schädigt nicht den Ruf des Modells. Außerdem traf die Verletzerin nureine geringe Schuld. Sie verkannte lediglich den Unterschied zwischen einerzulässigen Fotoreportage der Modenschau und einer weitergehenden Verwertung derdort gemachten Fotos für ihre individuelle Werbeanzeige.

Nach diesen Grundsätzen liegt bei der Verwendung eines Arbeitnehmerfotos auf einer Unternehmerhomepage keine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vor. Eine Ausnahme zu diesen Grundsätzen bildet der Falleiner Anwältin, die aus einer Rechtsanwaltskanzlei ausschied. Darüber hatte imJanuar 2012 das Landesarbeitsgericht in Frankfurt am Main zu entscheiden. LesenSie zu zu diesem Urteil weiter:  http://www.urheberrecht-leipzig.de/Urteil_zur_Verwendung_von_Arbeitnehmerfotos_Unternehmensblog.html

Fazit: Das Recht am eigenen Bild gilt auch im Arbeitsverhältnis. Insbesondere nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses sollte der Arbeitgeber routinemäßig prüfen, ob noch Fotos des Arbeitnehmers verwendet werden und diese im Zweifel entfernen.

 

Mehr zum Thema Persönlichkeitsrechte finden Sie unter:

http://www.urheberrecht-leipzig.de/index.php/Persönlichkeitsrecht.html

 

 

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