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Internetrecht, Medienrecht, Urheberrecht: Ein Sharehoster hat bei bekannten Urheberrechtsverletzungen durch Dritte einen Wortfilter einzusetzen, auch wenn dies nur einen Erfolg von 40 % hat

8. Juni 2011 Das Landgericht Hamburg zur Störerhaftung eines Sharehosters.

8. Juni 2011

LG Hamburg, Urteil vom 14.01.2011 – 310 O 116/10

 

§ 19a Urheberrechtsgesetz (UrhG), § 97 Abs. 1 S. 1UrhG, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO

Das LG Hamburg hat entschieden,dass ein Sharehoster auch dann einen Wortfilter einsetzen muss, wenn dies nureinen Erfolg von knapp 40 % verspricht, um Urheberrechtsverletzungen vonDritten zu vermeiden. Unterlässt er dies, so haftet er für dieUrheberrechtsverletzung.

 

Was ist passiert?

Der Internetdienstleister betreibt Sharehost-Dienste im Internet. Dabeiwird Dritten auf der Internetseite des Unternehmens kostenlos Speicherplatz zurVerfügung gestellt. Lädt ein Nutzer eine Datei auf den Speicherplatz desSharehosters, erhält er hierfür einen Download-Link (R-Link) zugeteilt, durchden er auf den Speicherplatz zugreifen kann. Nur über diesen R-Link kann aufden hinterlegten Inhalt zugegriffen werden.

Im Internet sind auf verschiedenen Webseiten Link-Sammlungen vonSharehostern, u.a. vom hier beteiligten Sharehoster eingestellt worden. Dadurchkönnen Dritte über diese Seiten Dateien mit bestimmten Inhalten suchen undgelangen über die Links zu den gesuchten Dateien. Der Internetnutzer kann danndie Datei kostenlos und ohne Registrierung über den R-Link herunterladen.

Auf der Seite des betroffenen Sharehosters werden auch urheberrechtlichgeschützte Werke mittels Link-Listen eingestellt. Auf diese Weise wurden urheberrechtlich geschützte Werke vonzwei Wissenschaftsverlagen eingestellt. ImNovember 2009 recherchierten die Verlage insgesamt 40 urheberrechtlichgeschützte Werke auf Link-Listen, die Verlinkungen zu den R-Links desInternetdienstleisters haben.

Nachdem die Verlage dem Internetdienstleister darauf aufmerksam gemachthaben, setzte dieser Mitarbeiter dazu ein, solche falschen Links zu beseitigen.Dabei durchsuchten die Mitarbeiter bekannte Webseiten nachUrheberrechtsverletzungen. Trotzdem kam es auch in der Folge zuUrheberrechtsverletzungen durch Dritte gegen die beiden Wissenschaftsverlage.

Diese forderten von dem Internetdienstleister eineUnterlassungserklärung, mit dem Inhalt, es zu unterlassen, dass geschützteWerke öffentlich zugänglich gemacht werden. Begründet wird dieserUnterlassungsanspruch damit, dass mittels sog. Webcrawler-Software 40 % derurheberrechtlichen Werke aufgespürt werden können. Solche Software hat der Internetdienstleisteraber nicht eingesetzt. Aus diesem Grund müsse er als Störer haften.

Nach Ansicht des Internetdienstleisters war schon dieUnterlassungserklärung zu unbestimmt, da diese nicht auf die Seite desSharehosters beschränkt ist. Daneben hätte er alle Maßnahmen ergriffen, dieeffektiv und zumutbar eine Urheberrechtsverletzung durch Dritte mittels diesesSharehosting-Dienstes verhindern können. Der Einsatz eines Webcrawlers seiuneffektiv und nicht zumutbar.

Der Streit landete dann vor dem Landgericht Hamburg

Wie hat das Gericht entschieden?

Das LG Hamburg sah dies anders als der Sharehoster.

 

Unterlassungserklärung ist ausreichend bestimmt

Nach Ansicht des Gerichts besteht ein Unterlassungsanspruchaus §§ 19a, 97 Abs. 1 S. 1 UrhG.

Die Hamburger Richter sehen zwar die Bedenken desInternetdienstleisters, dass die Unterlassungserklärung zu unbestimmt wäre.Jedoch ist für sie die Unterlassungserklärung insgesamt noch bestimmt genug.

„Dies vorliegend im Übrigen auch deshalb, weil nichtsämtliche von den Beklagten zu erwartenden Vorkehrungen im Einzelnen in denKlageantrag (bzw. den Tenor des Urteils) aufgenommen werden können. WelcheVorkehrungen zu erwarten sind, unterliegt im Bereich des Internet aufgrund derGeschwindigkeit des technischen Wandels häufigen Veränderungen. Auch sindVorkehrungen denkbar, die bei Erhöhung der Intensität alternativer Vorkehrungennicht mehr geboten sein können.“

Eine Beschränkung der Unterlassungserklärung nur auf dieHomepage des Internetdienstleisters muss demnach auch nicht erfolgen, da sichdie Verletzung im Kern auch auf andere Internetseiten bezieht.

Der Sharehoster ist verantwortlich für dieUrheberrechtsverletzung durch Dritte

Allgemein anerkannt ist, dass derjenige, der weder selbstTäter oder Teilnehmer einer Urheberrechtsverletzung ist, immer dann als Störerhaftet, wenn er von der Verletzung wusste und auch eine Ursache für dieVerletzung gesetzt hat. Dies vor allem dann, wenn er Prüfpflichten missachtethat. Der Einsatz von Wortfiltern, wie es die Wissenschaftsverlage verlangthaben, wäre eine solche Prüfpflicht gewesen. Zum Einsatz solcher Wortfilterwäre der Sharehoster verpflichtet gewesen.

Der Einsatz solcher Wortfilter, welche sichunproblematisch im Internet finden lassen, wäre für den Internetdienstleisterauch zumutbar gewesen. Zwar können mit solch einer Software nicht alleUrheberrechtsverletzungen aufgehalten werden. Jedoch wird ein Großteilverhindert. Dies insbesondere auch deshalb, weil der Sharehoster durch dieVerlage auf bestimmte Verletzungen hingewiesen wurde und da die Bemühungen desSharehosters nur sehr sporadisch waren.

Der Betrieb eines Sharehosters ist grundsätzlich fürRechtsverletzungen geeignet

Nach Ansicht der Hamburger Richter hat derInternetdienstleister auch die konkrete Ursache für die Urheberrechtsverletzunggeschaffen. Schon durch das Zuteilen der Links zu den Speicherplätzen wird dieGefahr der Urheberrechtsverletzung durch Dritte hervorgerufen. Das ist auchnicht völlig unwahrscheinlich, da es bereits im Vorfeld zu solchen Verletzungenkam.

Da auch weiterhin die Gefahr der Wiederholung solcherUrheberrechtsverletzungen bestand, konnten die Wissenschaftsverlage ihr Rechtauf Unterlassung einklagen.

 

Schlagworte: Bestimmtheit einerUnterlassungserklärung, Internetdienstleister, Link, Prüfpflicht, Rapidshare,R-Link, Sharehost, Unterlassungserklärung, Webcrawler, Wortfilter

 

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RechtsanwaltAlexander Grundmann, LL.M., Leipzig

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Was Sie über Urheberrechtsverletzung durch Filesharing wissen sollten finden Sie unter:

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