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Kündigungsschutz: Fristlose Kündigung bei Bagatellsache?

19. Februar 2012: Auch geringfügige Schädigungen des Arbeitgebers durch Bagatelldelikte können zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses berechtigen.

LAG München, Urteil vom 3. März 2011, 3Sa 641/10

Eine außerordentliche Kündigung desArbeitnehmers ist nur möglich, wenn ein wichtiger Grund diese rechtfertigt. Einsolcher Grund kann eine Handlung darstellen, die das Vermögen des Arbeitgebersschädigt, wie etwa ein Diebstahl, ein Betrug oder ähnliche Vermögensdelikte.

Mit Urteil vom 10. Juni 2010 (AZR541/09) hat das Bundesarbeitsgericht allerdings klargestellt, dass eineaußerordentliche Kündigung nicht immer zulässig ist, wenn dem Arbeitgeber nurein Bagatellschaden entsteht, die schädigende Handlung nur ein einmaliges „Versehen“war und der Arbeitnehmer schon lange Zeit beanstandungsfrei gearbeitet hat.Hier muss nicht unbedingt das Vertrauen restlos zerstört sein, sodass eineAbmahnung als milderes Mittel ausreichend wäre.

Ist das Verhalten des Arbeitnehmersallerdings besonders dreist, so kann dennoch eine fristlose Kündigung drohen.

Das LAG München entschied so ineinem Fall, in dem ein langjähriger Arbeitnehmer offensichtlich nicht damiteinverstanden war, für den Erhalt einer neuen elektronischen Zugangskarte (nachVerlust der alten Karte) einen Betrag von 20 Euro erstatten zu müssen. Um dieseKosten zu umgehen, tätigte der als Buchhalter eingestellte Arbeitnehmer zweiBuchungen in Höhe von 10 Euro zu Lasten des Arbeitgebers und betitelte denBuchungstext als Umbuchung anstatt Ausbuchung.

Das Landesarbeitsgericht München sahhierin eine schwerwiegende Pflichtverletzung, die einen wichtigen Grund füreine außerordentliche Kündigung darstelle, da dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigungnicht zuzumuten ist. Trotz des geringen Schadens des Arbeitgebers galt dasVertrauensverhältnis hier als zerstört, da sich der Arbeitnehmer mit einer„beachtlichen Hartnäckigkeit der Forderung des Arbeitgebers entledigt“ habe.Dabei hat er zielgerichtet seine buchhalterischen Kenntnisse eingesetzt undausgenutzt.  

Praxistipp:

DasUrteil desLAG München zeigt, dass auch langjährig beschäftigte Arbeitnehmerbei Bagatellsachen eine fristlose Kündigung riskieren, wenn sie besonders dreistund planvoll vorgehen und ihre Tat von vornherein vertuschen. MilderndeUmstände wie die lange Betriebszugehörigkeit oder ein sofortiges Geständniskönnen in einem solchen Fall auch nichts an dem zerstörten Vertrauensverhältnisändern, so dass eine Abmahnung als milderes Mittel nicht in Frage käme. Ob einefristlose Kündigung vor dem Arbeitsgericht hält, ist natürlich immer eine Fragedes Einzelfalles.

Schlagwörter: Fristlose KündigungArbeitsvertrag, Bagatelldelikte am Arbeitsplatz, Diebstahl, Betrug, Abmahnung,Zerstörtes Vertrauensverhältnis, Unzumutbarkeit der Fortsetzung desArbeitsverhältnisses

Ansprechpartner für Fragen desArbeitsrechts ist:

Rechtsanwalt Christoph Häntzschel

Grundmann Häntzschel RechtsanwälteLeipzig

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